Sektorenverordnung (SektVO)
Die Sektorenverordnung (SektVO) regelt Vergabeverfahren im Bereich der Energieversorgung, der Trinkwasserversorgung und des Verkehrs. Sie gehört zum deutschen Vergaberecht und gilt für öffentliche Aufträge, die in diesen Bereichen den EU-Schwellenwert der Vergabeverordnung überschreiten.
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Was ist die Sektorenverordnung?
Mit der Sektorenverordnung werden im Vergaberecht nähere Bestimmungen zur Durchführung von Vergabeverfahren oder zur Ausrichtung von Wettbewerben getroffen, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs und der Postdienste stattfinden. Damit regelt die SektVO die Verfahren aus dem 4. Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Es handelt sich dabei um eigenständige Vorschriften, die nur im Oberschwellenbereich Anwendung finden. Aufträge, die der Sektorenverordnung unterliegen, haben demnach einen geschätzten Auftragswert oberhalb der EU-Schwellenwerte. Die Sektorenverordnung gilt jedoch gemäß § 1 Abs. 2 SektVO nicht für die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen öffentlichen Ausschreibungen. Ebenso, wie es bei öffentlichen Aufträgen im Oberschwellenbereich der Fall ist, wird auch im Sektorenbereich die elektronische Kommunikation in Vergabeverfahren, unter Anwendung einer eVergabe-Plattform, vorgeschrieben.
Rechtsgrundlage
Die SektVO beruht auf dem europäischem Recht, welches das Ziel gesetzt hat, auch für Unternehmen, die in den Bereichen Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung, sowie der Postdienste tätig sind, einen stärkeren Wettbewerb durchzusetzen. Unter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung, beziehungsweise Nichtdiskriminierung, der gegenseitigen Anerkennung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz sollte ein Rahmen für faire Handelspraktiken und ein Höchstmaß an Flexibilität ermöglicht werden. Deutschland kam der Verpflichtung durch die EU nach und die SektVO trat am 23.09.2009 mit ihrer Bekanntmachung in Kraft. Seitdem wurde sie novelliert und um zahlreiche Aspekte erweitert. Die aktuelle Fassung der Sektorenverordnung ist am 18. April 2016 in Kraft getreten und basiert auf den EU-Richtlinien 2014/25/EU. Damit wurde die Vorgängerversion erweitert und ein Regelwerk aus 65 Paragrafen, aufgeteilt in insgesamt 5 Abschnitte, sowie drei neue Anlagen geschaffen.
Anwendungsbereich der Sektorenverordnung
Persönlicher Anwendungsbereich
Nach § 1 Abs. 1 SektVO findet die Sektorenverordnung ausschließlich Anwendung auf Auftragsvergaben durch Sektorenauftraggeber:innen. Wer unter diesen Bereich fällt ist in § 100 Abs. 1 GWB geregelt. Sektorenauftraggeber:innen wickeln ihre Vergabeverfahren ausschließlich nach der SektVO und dem GWB ab. Andere Vergabeverordnungen (VOB/A, VOL/A und VOF) kommen nicht direkt zur Anwendung. Grundsätzlich umfasst das Gesetz damit öffentliche Auftraggebende, die eine Tätigkeit im Sektor der Energie- und Trinkwasserversorgung, des Verkehrs und der Postdienste ausüben. Dazu gehören beispielsweise Verkehrsunternehmen, Netzbetreiber:innen, Stadtwerke, die Deutsche Bahn AG, Eisenbahninfrastrukturunternehmen oder Kommunen, die zum Beispiel die Trinkwasserversorgung innerhalb der Gemeinde betreiben. Fehlt dieser Zusammenhang ist eine andere Vergabeverordnung anzuwenden.
Sachlicher Anwendungsbereich
Der sachliche Geltungsbereich erstreckt sich auf Aufträge, deren geschätzter Auftragswert die festgelegten EU-Schwellenwerte überschreitet. Der Auftragswert umfasst dabei alle Leistungen, die in einem technisch oder wirtschaftlich funktionalen Zusammenhang stehen und muss von der Vergabestelle verlässlich geschätzt werden. In § 2 Abs. 6 der SektVO ist vorgeschrieben, dass für die Schätzung des Auftragswertes von Bauleistungen alle Liefer- und Dienstleistungen berücksichtigt werden müssen, die für das Bauprojekt erforderlich sind.
Aufbau der Sektorenverordnung
Der Aufbau der Sektorenverordnung entspricht in großen Teilen dem der Vergabeverordnung (VgV), trägt dabei aber den Besonderheiten des Sektorenbereichs Rechnung. In der Praxis gilt die Sektorenverordnung als das weniger strenge Regelwerk. Teils sind die Normen der SektVO identisch mit denen der Vergabeverordnung, etwa die Regelungen zur elektronischen Kommunikation, zur Zuschlagserteilung sowie die in § 47 SektVO genannten Regelungen zur Eignungsleihe. Danach darf sich ein Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen zum Nachweis der Eignung auf ein anderes Unternehmen stützen und dessen Kapazitäten nutzen. Auch die Fristen zur Abgabe von Angeboten oder Teilnahmeanträgen sind in der SektVO, wie auch in der VgV auf 30 Tage (nicht offenes Verfahren) oder 35 tage (offenes Verfahren) begrenzt. Zur Festsetzung der Fristen werden in beiden Anwendungsbereichen die Komplexität der Leistung sowie die benötigte Zeit zur Auftragsausführung berücksichtigt.
Andere Regelungen unterscheiden sich hingegen deutlich, so regelt die SektVO etwa die Antragsverfahren für Tätigkeiten, die unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind. Auch die Regelungen zur Wahl der Verfahrensarten unterscheiden sich, sowie die Anforderungen an die Unternehmen. Sektorenauftraggeber:innen können gemäß § 13 SektVO zwischen dem offenen Verfahren, nicht offenen Verfahren, Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb sowie dem wettbewerblichen Dialog wählen. Für normale Auftraggebende ist die Wahl wiederum auf das offene und nicht offene Verfahren beschränkt. Der § 18 SektVO führt zudem nun auch die Innovationspartnerschaft im Sektorenbereich ein. Ein weiterer elementarer und struktureller Unterschied besteht darin, dass die SektVO in ihrer Gesamtheit für alle Leistungen gilt, also auch für Bauleistungen.


