Das deutsche Vergaberecht definiert Rechtsnormen zur Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand an Unternehmen.
Das Vergaberecht mit all seinen Vorschriften und Regelungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge findet im öffentlichen Dienst Anwendung. Es umfasst die Gesamtheit der Vorschriften und Regeln, die eine Instanz öffentlicher Gewalt zur Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Beschaffung von Leistungen und Mitteln zu beachten hat. Mithilfe des Vergaberechts ist eine gerechte sowie nachhaltige Vergabe von öffentlichen Aufträgen an Unternehmen gewährleistet. Durch die formulierten Vorschriften erhalten öffentliche Auftraggeber:innen eine Handlungsanweisung, wie Aufträge zu Bau- und Dienstleistungen sowie Lieferungen zu verteilen sind. Das Vergaberecht beinhaltet auch Regelungen, die den Bewerber:innen und Auftragsnehmer:innen Rechtsschutz bezüglich der Verletzung von Verfahrensregeln durch öffentliche Auftraggeber:innen gewähren.
Die Grundlage des Vergaberechts formt die Vergabeverordnung, welche seit 2016 der Modernisierung des europäischen Vergaberechts dient.
Mit der öffentlichen Auftragsvergabe formt der öffentliche Dienst in Deutschland einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor, gerade mit Hinblick auf die Infrastruktur. Durch die Regelungen im Vergaberecht soll ein möglichst wirtschaftlicher Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln gewährleistet werden. Auch eine Wettbewerbsverletzung von der Auftraggeberseite sowie der Auftragnehmerseite ist mittels der Vergaberechtsform zu verhindern.
Ausschreibungen aus dem privaten oder gewerblichen Sektor verwenden keine öffentlichen Mittel und sind bei der Auftragsvergabe nicht an das Vergaberecht gebunden. Wem sie den Auftrag für Bauleistungen oder Waren- und Dienstleistungen geben, entscheiden sie selbst.
Vergabeverfahren sollen möglichst wirtschaftliche Ergebnisse für den öffentlichen Haushalt und den Bewerber:innen einen fairen Wettbewerb um die Aufträge bieten. Das Gesetzt gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sieht im Einzelnen sechs Grundsätze für das Vergaberecht vor:
Erklärung zu Vergaberecht: Das deutsche Vergaberecht teilt sich in Abhängigkeit sogenannter Schwellenwerte in Oberschwellen- und Unterschwellenvergaben. Es wird dabei zwischen folgenden Auftragsarten unterschieden:
Für jede dieser Auftragsarten wird alle zwei Jahre ein aktueller Schwellenwert neu festgelegt. Sobald ein Auftragswert den festgelegten EU-Schwellenwert erreicht oder überschreitet, wird dieser europaweit ausgeschrieben. Die Wertgrenzen des Schwellenwertes können je nach Bundesland unterschiedlich ausfallen. So entscheiden beispielsweise Niedersachsen, Bayern oder Berlin bis zu einem gewissen Maß selbst, bis zu welchem Auftragswert Leistungen beschränkt oder freihändig ausgeschrieben werden dürfen.
Dieses Verfahren ist im oberschwelligen Bereich der Regelfall, sofern die Eigenart der Leistung oder Umstände nicht eine Abweichung rechtfertigen. Alle Bewerber, die ihre Eignung nachweisen können, sind hierbei zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Die Veröffentlichung der Auftragsausschreibung erfolgt über das Internetportal eNotices, dadurch erscheint sie europaweit im Supplement des Amtsblatts der Europäischen Union. Es herrscht ein Nachverhandlungsverbot, um Chancengleichheit für die Bewerber zu gewährleisten.
Diese Vergabeart ist nur als begründete Ausnahme zulässig. Gründe können Dringlichkeit oder Geheimhaltung sein, oder wenn ein voriges offenes Verfahren kein annehmbares Ergebnis erbrachte, oder wenn das offene Verfahren etwa bzgl. der Auftragssumme unangemessen aufwändig wäre. Bei Aufträgen oberhalb des Schwellenwerts muss dem nichtoffenen Verfahren ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb vorangehen. Dadurch wird eine beschränkte Anzahl an Bewerber:innen zur Angebotsabgabe aufgefordert. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) sieht bei Bauleistungen beispielsweise mindestens drei Bewerber:innen vor.
Im oberschwelligen Bereich ist dieses Verfahren nur vorgesehen, wenn die beiden vorgenannten Verfahren unzweckmäßig sind. Der oder die öffentliche Auftraggeber:in führt dabei Verhandlungen mit ausgewählten Unternehmen. Das Verhandlungsverfahren kann mit oder ohne öffentliche Vergabebekanntmachung stattfinden. Im Falle der Bekanntmachung können Unternehmen ihre Teilnahme beantragen. Von öffentlicher Bekanntmachung kann z. B. bei Dringlichkeit abgesehen werden, oder wenn nur ein bestimmtes Unternehmen in Frage kommt (etwa wegen Patentrechte), oder wenn eine Zusatzleistung nicht ohne gewichtige Nachteile vom Hauptauftrag getrennt werden kann.
Wenn der oder die Auftraggeber:in die Realisierung eines Ziels nicht genau spezifizieren kann, kann diese Vergabeart zur Anwendung kommen. Sie ist eine Mischung von Elementen des Verhandlungsverfahrens und des nichtoffenen Verfahrens.
Wenn noch nicht auf dem Markt erhältliche Lösungen entwickelt werden sollen, können öffentliche Auftraggeber:innen diese Vergabeart zur Entwicklung innovativer Dienstleistungen und Produkte anwenden.
Erreicht ein Vertrag den Schwellenwert, greift die Vergaberechtsverordnung (VgV), deren Rahmen im GWB vorgegeben ist. Bei Bauaufträgen kommen außerdem die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) zur Anwendung.
Unter dem Schwellenwert gilt die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO), bei Bauaufträgen die VOB. Zulässige Verfahrensarten für unterschwellige Aufträge sind die öffentliche und die beschränkte Ausschreibung sowie die Verhandlungsvergabe. Letztere zwei Verfahrensarten können mit Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden. Anders als im oberschwelligen Bereich habenöffentliche Auftraggeber:innen freie Wahl unter diesen Verfahrensarten.
Im Oberschwellenbereich sind sogenannte Vergabekammern und der Vergabesenat des jeweiligen Oberlandesgerichts für den Rechtsschutz der Bewerber:innen zuständig. Im Unterschwellenbereich sind die ordentlichen (d. h. Zivil- und Straf-) Gerichte zuständig.
Weitere Erklärungen zum Vergaberecht finden sich in Vergabehandbüchern, die für die verschiedenen Bereiche verfasst wurden.