Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist allgemeines Abwägungsprinzip. Er besagt, dass im Falle kollidierender Interessen, Rechtsprinzipien oder Freiheiten diese nur dann in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, wenn und soweit das zu wahrende Interesse, Rechtsprinzip oder Freiheitsrecht schwerer wiegt als jenes, welches vernachlässigt wird. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit legt fest, dass vergaberechtliche Maßnahmen nicht darüber hinausgehen dürfen, was erforderlich ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist als rechtsstaatliches Prinzip für jede hoheitliche Gewalt verbindlich und findet daher auch bei Vergabeverfahren durch die öffentliche Hand Anwendung.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist sowohl verfassungs- als auch europarechtlich determiniert. Von besonderer Bedeutung ist die Verhältnismäßigkeit vor allem mit Blick auf die an Unternehmen gestellten Anforderungen sowie den eventuellen Ausschluss eines Unternehmens aus einem Vergabeverfahren. Der oder die Auftraggeber:in ist stets angehalten, mögliche mildere Sanktionen zu prüfen, bevor ein Ausschluss aus dem Vergabeverfahren ausgesprochen wird.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Vergabe und Durchführung öffentlicher Aufträge entspricht auch dem Übermaßverbot aus der rechtsstaatsprinziplich abgeleiteten verfassungsrechtlichen Vorgabe, nach der Grundrechtseingriffe - welche regelmäßig bei vergaberechtlichen Maßnahmen öffentlicher (staatlicher) Auftraggeber:innen auftreten - erforderlich, geeignet und angemessen sein müssen, um den angestrebten Zweck zu erreichen.