Aufklärungsverhandlung

Grundsätzlich ist es Auftraggeber:innen und Bieter:innen nicht gestattet, bis zum Abschluss eines Ausschreibungsverfahrens Verhandlungen bezüglich des Angebots durchzuführen. Dennoch ist es möglich, Gespräche zur Aufklärung über verschiedene Angebotsinhalte abzuhalten, bei denen keine Veränderung des Angebots angestrebt wird.

Was ist eine Aufklärungsverhandlung?

Der Begriff Aufklärungsverhandlung ist ein wenig irreführend. Man versteht unter der Bezeichnung die Möglichkeit von Auftraggeber:innen und Bieter:innen zwischen der Angebotsöffnung und der Zuschlagserteilung Gespräche zu führen, in denen einzelne Aspekte bezüglich des Angebots aufgeklärt werden. Eine tatsächliche Verhandlung findet jedoch nicht statt, da es untersagt ist, das Angebot hinsichtlich seiner Bedingungen und seines Inhaltes zu verändern. Aus diesem Grund bezeichnet man diese Unterhaltung in der Praxis auch oft als Aufklärungsgespräch oder Bietergespräch.

Inhalte einer Aufklärungsverhandlung

In einem Bietergespräch können verschiedene Unklarheiten seitens des Auftraggebers oder der Auftraggeberin über die Angebotsinhalte thematisiert werden. Konkret kann es dabei um folgende Aspekte gehen:

  • Eignung oder Qualifikation des Bieters beziehungsweise der Bieterin
  • inhaltliche Fragen zum Angebot
  • Durchführung des Angebots
  • Nebenangebote
  • Angemessenheit des Preises
  • Fragen zu Bezugsquellen von Stoffen und Baumaterialien

Um eine angemessene Vorbereitung der Bieterseite zu ermöglichen, wie zum Beispiel das Mitbringen relevanter Unterlagen, sollten ihm oder ihr zuvor die möglichen Themen des Gesprächs genannt werden. Es ist jedoch nicht verpflichtend die konkreten Fragen schon vorab bekannt zu machen.

Gesetzliche Grundlage des Aufklärungsgesprächs

Die Möglichkeit zur Durchführung von Aufklärungsverhandlungen in einem Ausschreibungsverfahren ist zudem auch rechtlich festgelegt. Gemäß § 15 Abs. 1 VOB/A ist es gestattet, Gespräche zur Aufklärung über die oben genannten Aspekte zu führen. Außerdem wird konkretisiert, dass die Ergebnisse dieser Besprechungen geheim zu halten sind und schriftlich festgehalten werden müssen. § 15 Abs. 2 VOB/A schreibt vor, dass das Angebot eines Bieters beziehungsweise einer Bieterin ausgeschlossen werden muss, wenn diese:r die Aufklärung verweigert oder nicht in einer gesetzten, angemessenen Frist antwortet. Zusätzlich regelt auch § 15 VOL/A, dass Aufklärungen im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen erlaubt sind.
Nach § 15 Abs. 5 der Vergabeverordnung (VgV) wird ebenfalls zwischen der Verhandlung und einer reinen Aufklärung unterschieden und definiert, dass letzteres zulässig ist. In der Unterschwellenvergabeverordnung (§ 44 Abs. 1 UVgO) wird ergänzend erklärt, dass die Auftraggeberseite im Falle eines verhältnismäßig niedrigen Angebotes Aufklärung von dem oder der zuständigen Bieter:in verlangen darf.

Wann findet die Aufklärungsverhandlung statt?

Das Bietergespräch findet üblicherweise zwischen der Angebotsöffnung und der Zuschlagserteilung statt. In diesem Zeitraum prüft die Auftraggeberseite die eingegangenen Angebote hinsichtlich ihrer Angemessenheit und ihrer Wirtschaftlichkeit. Sofern dabei Unklarheiten zu einem Angebot aufkommen, können Aufklärungsgespräche zwischen den beteiligten Personen stattfinden. Eine solche Besprechung kann daraufhin für Klarheit bei dem Auftraggeber beziehungsweise der Auftraggeberin sorgen und dadurch wiederum die Zuschlagsentscheidung beeinflussen.

Abgrenzung zur Nachverhandlung

Im Gegensatz zur Aufklärung einzelner Aspekte eines Angebotes ist es untersagt, nach Eingang der Angebote über deren Inhalte mit dem jeweiligen Bieter oder der jeweiligen Bieterin zu verhandeln. Es ist strikt untersagt, Änderungen zum Beispiel am Preis oder an der angebotenen Leistung vorzunehmen, da dies gegen den Wettbewerbsgrundsatz und den Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergaberecht verstößt. Der Unterschied zu einer reinen Aufklärung besteht darin, dass diese lediglich zur Klarstellung einzelner Inhalte führt, wohingegen die Nachverhandlung in Veränderungen des Angebotes resultiert. Die gesetzliche Regelung zum Verbot von Verhandlungen ist in § 15 Abs. 3 VOB/A verankert. Dort ist festgelegt, dass Verhandlungen, insbesondere zur Änderung des Angebotspreises, grundsätzlich nicht zulässig sind. Nur in bestimmten Ausnahmen kann eine Änderung genehmigt werden. Genauere Informationen zu der Nachverhandlung und wie diese geregelt ist, finden Sie in unserem Glossarartikel.

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