Mischkalkulation
Bieter:innen müssen bei der Angebotserstellung die Einzelpreise der ausgeschriebenen Leistungspositionen berechnen, um ein passendes Gesamtangebot abgeben zu können. Werden einzelne Kosten dabei gezielt zu hoch und andere wiederum zu niedrig angesetzt, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen, spricht man von einer Mischkalkulation, die zum Ausschluss des Bietenden am Verfahren führt.
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Was ist eine Mischkalkulation?
Unter einer Mischkalkulation versteht man im Vergaberecht eine bestimmte Form der Kostenrechnung seitens der Bieter:innen, die häufig auch unter dem Begriff der Ausgleichskalkulation bekannt ist. Dabei werden die Kosten einzelner Leistungsbestandteile einer Ausschreibung bewusst niedriger angesetzt, während andere Kosten im Gegenzug höher angesetzt werden, als es unter normalen Umständen angemessen erscheint. Die Bietenden verschieben somit die Preisbestandteile zwischen bestimmten Leistungspositionen und geben für einige davon nur geringe Centbeträge oder sogar Kosten von “Null” Euro an. In der Praxis geschieht dies oft in Verbindung mit unterschiedlich hohen Zuordnungen von Gemeinkosten sowie Kosten für die Baustelleneinrichtung. Mögliche Verluste solcher Positionen sollen dann durch entsprechend höhere Gewinne in anderen Positionen ausgeglichen werden - oder andersrum.
Welche Ziele werden mit einer Mischkalkulation verfolgt?
Mischkalkulationen von Dienstleistungen oder Produkten werden im Vergaberecht häufig mit einer konkreten Absicht durchgeführt. In der Regel versuchen die Bietenden damit die Konkurrenz im Wettbewerb auszustechen und ihre eigene Chance auf den Zuschlag zu erhöhen. Durch die niedrigen Preise wollen sie andere Bewerber:innen unterbieten und sich selbst unlauter finanzielle Vorteile verschaffen. Die höheren Einzelpreise werden dann wiederum für Leistungspositionen angesetzt, von denen bereits vor der Ausführung höhere Leistungsmengen erwartet werden können, als ursprünglich ausgeschrieben. Damit spekulieren Auftragnehmer:innen auf das sogenannte Nachtragspotenzial. Positionen, für die ein Nachtragspotenzial besteht, können den Gewinn am Bauvorhaben erhöhen, wenn sie mit höheren Preisen angesetzt werden. Leistungen ohne ein solches Potenzial können im Gegenzug günstiger kalkuliert werden. Die Konsequenz: Bietende wollen mit der Mischkalkulation eine Vereinfachung der Preisgestaltung sowie eine Steigerung der Zuschlagschance und Gewinnmarge erzielen.
Welche rechtlichen Folgen ergeben sich aus einer Mischkalkulation?
Die Durchführung einer Ausgleichskalkulation in einem Vergabeverfahren gilt als unzulässig und führt grundsätzlich zum Ausschluss des jeweiligen Bieters oder der jeweiligen Bieterin vom zugrundeliegenden Vergabeverfahren. In diesem Fall benennt der Bietende seine Einheitspreise nicht nach den Vorgaben des § 13 Abs.1 Nr.3 VOB/A für Vergaben im Unterschwellenbereich. Für den Oberschwellenbereich gelten entsprechend die Vorschriften des § 13 EU Abs.1 Nr.3 VOB/A. Da Bietende jedoch in der Regel nicht offenkundig zugeben, Preise falsch zu berechnen und somit eine Mischkalkulation durchzuführen, ist an dieser Stelle ein Nachweis erforderlich. Im Streitfall trägt die Auftraggeberseite daher die Beweislast und muss den Verdacht nach Formblatt 321 im VHB-Bund nachweisen.
Was können Auftraggeber tun?
Liegt der Verdacht einer Mischkalkulation vor, können Auftraggebende den Bietenden zur Offenlegung der Kalkulation auffordern. Häufig begründen diese die unplausible Kalkulation mit Subventionszuschlägen oder argumentieren mit einem auskömmlichen Gesamtangebot und der Freiheit, die Preise individuell berechnen zu können. Um dennoch der Beweislast nachkommen zu können, sollten Auftraggeber:innen den Bietenden oder die Bietende in Textform und mit konkreter Terminsetzung dazu auffordern, eine schriftliche Erklärung einzureichen. Dafür muss der betroffenen Person mitgeteilt werden, an welcher Stelle ein Verdacht auf Mischkalkulation besteht und ob gegebenenfalls ergänzende Preis- oder Formblätter sowie eine Urkalkulation zur Aufgliederung der Preise verlangt werden. Verweigert diese:r den Nachweis oder kommt der Aufforderung nur unzureichend nach, kommt es zum Ausschluss vom Vergabeverfahren.
Welche Pflichten hat der oder die Bietende?
Bietende, die ein Angebot abgegeben haben, welches auf eine mögliche Ausgleichskalkulation hinweist, werden in der Regel dazu aufgefordert, ihre Kostenkalkulation offenzulegen. In einer schriftlichen Erklärung muss der oder die Bietende die Kostenanteile der Einheitspreise und die Kalkulationsansätze sowie –unterlagen beschreiben. Kann diese:r die Preise zum Beispiel anhand einer Formel erklären, wird der Verdacht auf Mischkalkulation widerlegt und es besteht kein Recht das Angebot auszuschließen.
Wann ist eine Mischkalkulation zulässig?
Die Anwendung von Ausgleichskalkulationen ist bei öffentlichen Aufträgen zwar verboten, bei Privatkunden ist diese Methode jedoch in der Praxis weit verbreitet. Insbesondere im Handwerk sind Mischkalkulationen mittlerweile Gang und gäbe. Viele Kund:innen wollen Vergleichsmöglichkeiten, um aus den verschiedenen Angeboten der Handwerksunternehmen das Beste auszusuchen. Mithilfe einer Mischkalkulation haben Handwerker:innen mehr Gestaltungsspielraum bei der Aufschlüsselung der Kosten. Die Gemeinkosten, also Kosten für Gehälter, Versicherungen, Heizung, Strom, Mieten, et cetera, werden dabei unterschiedlich gewichtet. Die meisten Betriebe weisen den Stundensatz häufig niedriger aus und setzen stattdessen einen höheren Gemeinkostenzuschlag beim Material an. Auch der allgemeine Gewinnaufschlag wird ungleich verteilt. So können Kosten offengelegt und gleichzeitig bessere Vergleichsmöglichkeiten zur Konkurrenz geboten werden. Im Rahmen der öffentlichen Vergabe sollte darauf jedoch verzichtet werden.