Mehrkosten durch Bauverzögerung: So zahlen Sie trotzdem nicht!

Erstveröffentlichung: 17.11.2021 09:55 |

„Und schon wieder dauert die Bauausführung länger als erwartet“ – Den Gedanken kennen fast alle Verantwortlichen am Bau. Doch warum passiert das so oft? Und wer muss für die Mehrkosten aufkommen? 

Das Wichtigste zu Mehrkosten durch Bauverzögerung in Kürze

  • Verzögerungen treiben Kosten durch stillstehende Folgegewerke, teureres Material, Personal- und Gemeinkosten auf Baustellen in die Höhe
  • Verantwortlichkeit entscheidet über die Kostentragung: Auftraggeber:innen bei Planungsänderungen/fehlender Mitwirkung, Auftragnehmer:innen bei innerbetrieblichen Störungen; außergewöhnliches Wetter verlängert Fristen, ersetzt Kosten aber nicht automatisch
  • Rechtliche Hebel für Auftraggeber:innen umfassen Mahnung und Verzug nach BGB, Schadensersatz zusätzlich oder statt Leistung sowie (eingeschränkt) Rücktritt
  • Auftragnehmer:innen können bei Annahmeverzug Stillstandskosten nach § 642 BGB geltend machen
  • Nachweise sind entscheidend: saubere Dokumentation von Ursachen, Terminplänen, Mitwirkungspflichten und Mehrkosten (inkl. Zusatz-/Änderungsleistungen nach VOB/B) sichert Ansprüche
  • Prävention senkt Risiko: vollständige Ausführungsplanung vor Baubeginn, klare Termin- und Pufferplanung, konsequente Bauüberwachung und vertraglich vereinbarte Vertragsstrafen
  • Prominente Großprojekte zeigen, dass fehlende Planung, viele Planänderungen und schwache Koordination Kosten vervielfachen – sorgfältige Vorbereitung ist die günstigste Versicherung
Still sehender Bagger wegen Bauverzögerungen führt zu Mehrkosten © 安琦 王 / stock.adobe.com

Bauverzögerungen stehen in Deutschland auf der Tagesordnung. Einige prominente Fälle, wie den BER, Stuttgart 21 oder die Elbphilharmonie waren über Jahre hinweg Dauerthema in den Nachrichten und dienen noch heute dem Amüsement. Doch über Bauverzögerungen amüsieren können sich nur Menschen, die davon nicht betroffen sind. Bauherr:innen und ausführende Bauunternehmen hingegen werden zunehmend nervös, wenn sie die immer und immer länger werdende Bauzeit bemerken und auch die damit einhergehenden steigenden Kosten. Denn wer kommt dafür auf?

In diesem Artikel widmen wir uns der Frage, wer in welchen Fällen die Mehrkosten durch Bauverzögerung zahlen muss – auch wenn weder Bauherr:in noch Bauunternehmen für die Verzögerung verantwortlich ist. Aber auch, warum Bauverzögerungen überhaupt so oft vorkommen und wie diese vermieden können werden.

Welche Kosten können durch Verzögerungen im Bauablauf entstehen?

Zeit ist ein zentraler Faktor bei der Bauausführung. Auch wenn es ein viel zu oft genutztes Sprichwort ist, es hat einen wahren Kern: Zeit ist Geld. Verzögerungen im Bauablauf werden schnell sehr teuer. Sie bewirken beispielsweise, dass

  • Folgegewerke nicht zu dem vereinbarten und vorgesehenen Zeitpunkt mit ihrer Leistung beginnen können,
  • Personalkosten durch Tariferhöhungen steigen,
  • Baumaterial teurer geworden sind,
  • Nachunternehmen aus der Bindefrist gefallen sind und eine höhere Vergütung verlangen oder nicht mehr zur Verfügung stehen.

Natürlich möchten weder Bauherr:innen noch das Bauunternehmen für diese entstandenen Mehrkosten aufkommen – aber irgendwer muss eben.

Stillstand auf einer verschneiten Baustelle © Christian-Schwier/ stock.adobe.com

Warum verzögern sich Bauvorhaben in Deutschland meistens?

Aber zuerst: Warum sind Bauzeitverlängerungen (unter anderem in Deutschland) eigentlich eher der Normalfall als die Ausnahme? Die Hauptursache für Bauzeitverzögerungen ist, dass mit Bauleistungen begonnen wird, bevor eine vollständige und abgeschlossene Ausführungsplanung vorliegt. Davon wird sich in der Regel eine Beschleunigung des Bauprozesses erhofft. Aber es muss deswegen baubegleitend geplant werden, was den Bauablauf beeinflusst und schnell auch verzögert. Ein anderer wichtiger Faktor sind Änderungs- oder Sonderwünsche durch den Bauherrn oder die Bauherrin. Das ist eher bei privaten Bauherrinnen und Bauherren der Fall, da diese in der Regel nur einmal im Leben bauen und sich über die Auswirkungen von Änderungswünschen nach Vertragsschluss nicht bewusst sind. Öffentliche Auftraggeber:innen hingegen sind geübt in ihrer Rolle als Bauherr:innen, sodass spontane Änderungen seltener vorkommen.

Explodierende Preise und Baustoffmangel

In den letzten Jahren, insbesondere während der Corona-Pandemie und zu Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, waren Bauzeitverzögerungen immer häufiger auf steigende Preise und Materialmangel zurückzuführen. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage danach laut geworden, wer für die Mehrkosten aufkommen muss, die durch eine Verlängerung der Bauzeit entstanden sind.

Wer ist für die Bauzeitverlängerung verantwortlich?

In den meisten Fällen gilt: Wer für die Verlängerung verantwortlich ist, der zahlt auch. Doch nicht immer kann das so einfach festgestellt werden.

Bauzeitverzögerung durch den Auftraggeber

Ist der Auftraggeber oder die Auftraggeberin verantwortlich für die Bauzeitverlängerung, etwa weil sich während der Bauphase Vorstellungen und Wünsche geändert haben, so muss dieser auch für die Mehrkosten aufkommen. Bauunternehmen und Architekt:innen können laut § 6 Abs. 6 VOB/B und nach § 642 BGB Schadensersatz einfordern. Das gilt auch, wenn die Auftraggeberseite ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, etwa indem sie erforderliche Dokumente nicht rechtzeitig vorgelegt hat. Um erfolgreich Schadensersatz wegen Bauverzögerung einzufordern, muss der Auftragnehmer oder die Auftragnehmerin die Verzögerung schriftlich belegen und festhalten, dass er oder sie aufgrund der fehlenden Dokumente seiner beziehungsweise ihrer Arbeit nicht nachgehen konnte.

Bauzeitverzögerungen durch innerbetriebliche Störungen

Das Bauunternehmen ist hingegen ganz klar verantwortlich, wenn es durch innerbetriebliche Störungen, insbesondere Fehlkalkulationen des Bauunternehmens, zu Verzögerungen im Bauablauf gekommen ist. Dazu gehören:

  • Zu spät gelieferte Materialien
  • Schlecht geplante Arbeitsabläufe
  • Falsche Personalplanung

Bauzeitverzögerung durch außerbetriebliche Ursachen

Doch wie sieht es aus bei außerbetrieblichen Störungen, wie Witterungsverhältnisse und Standortbedingungen? Dazu gehören:

  • Niederschläge
  • Verkehrsbedingungen
  • Grundwasserbeobachtungen

Auch diese können zu Verzögerungen führen, aber niemand ist schuld daran, wenn es im Juli eine Woche lang durchregnet. Grundsätzlich gilt, dass derartige Verzögerungen vom Bauunternehmen vor Vertragsschluss bedacht werden müssen. Sie müssen im Bauzeitplan berücksichtigt werden, etwa durch Ausweichmöglichkeiten oder Zeitreserven. Wurden diese Faktoren nicht im Bauzeitplan berücksichtigt, haftet der oder die Auftragnehmer:in für die Bauzeitverlängerung.

Was, wenn alle schuldlos sind?

Doch natürlich muss das Bauunternehmen nicht alles mit einberechnet. Außerbetriebliche Ursachen, für die Auftragnehmer:innen nicht verantwortlich gemacht werden können, sind beispielsweise:

  • Zu spät erteile Baugenehmigungen
  • Durch Behörden veranlasste Baustopps
  • Umplanungen
  • Mengenänderungen
  • Abweichende Bodenverhältnisse
  • Unerwartete Wetterereignisse oder Umweltkatastrophen

Diese Ereignisse sind bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar. Aber natürlich kann auch der Auftraggeber beziehungsweise die Auftraggeberin nichts dafür. Dennoch trägt er oder sie das Hauptrisiko für das Bauprojekt und muss in solchen Fällen für die entstandenen Mehrkosten aufkommen. Eine Ausnahme bildet außergewöhnlich schlechtes Wetter, mit dem bei Vertragsabschluss nicht gerechnet werden konnte. In diesem Fall haben Auftragnehmer:innen nicht unbedingt einen Anspruch darauf, dass alle Mehrkosten von der Auftraggeberseite getragen werden, aber sie haben zumindest einen Anspruch auf eine Verlängerung der Bauzeit - So kann immerhin eine Vertragsstrafe umgangen werden.

Ansprüche des Auftraggebers bei Bauverzug

Für Auftraggeber:innen besteht sowohl bei Bauverträgen (§ 650a BGB) als auch bei Bauträgerverträgen (§ 650u BGB) die Möglichkeit, Schadensersatz bei dem beauftragten Unternehmen zu verlangen oder von dem Vertrag zurückzutreten.

Mahnung: Muss ein Bauverzug abgemahnt werden?

In der Regel haben Auftraggeber:innen nach § 286 Abs.1 S.1 BGB aber nur dann Anspruch auf Schadensersatz, wenn sie den Verzug nach Ablauf des Fertigstellungstermins abgemahnt haben. Erst dann gilt die verlängerte Bauzeit auch juristisch als Verzug. Allerdings gibt es nach § 286 Abs.2 BGB einige Ausnahmen, wann ein Verzug auch ohne Mahnung eintritt:

  • Wenn sich durch den Vertrag zwischen Bauherr:innen und Bauunternehmen genau feststellen lässt, wann das Bauvorhaben hätte fertiggestellt werden müssen,
  • Bei einer Leistungsverweigerung,
  • Aus anderen besonderen Gründen, die den Eintritt des Verzugs rechtfertigen.

Schadensersatz zusätzlich zur Leistung

Liegt eine Pflichtverletzung im Sinne von § 280 BGB vor, also ein Verzug der Leistungserfüllung durch Verschulden der Auftragnehmerseite, die Auftraggeberseite hat eine Mahnung ausgesprochen und es ist immer noch nicht zur Leistungserfüllung gekommen, so hat diese Anspruch auf Schadensersatz. Dieser ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2 und 286 BGB. In diesen Fällen muss der Ausgleich aller durch die Bauverzögerung entstandenen Schäden beziehungsweise Vermögensanteile oder Ausfallkosten erfolgen. Dies kann Mietaufwendungen, Anwaltskosten und mehr umfassen. Welche Nachteile konkret ausgeglichen werden können, muss im Einzelfall entschieden werden.

Schadensersatz statt der Leistung

Unter Umständen ist es auch möglich, von der Leistungserfüllung abzusehen und eine entsprechend höheren Schadensersatz zu verlangen. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1,3, 281 BGB. Zuvor musste jedoch eine angemessene Nachfrist gesetzt werden und diese muss erfolglos verstrichen sein. Bei Geltendmachung dieses Anspruchs erlischt jedoch der Anspruch auf Fertigstellung des Bauwerks.

Rücktritt vom Vertrag

Auch beim Rücktritt vom Vertrag bedarf es, wenn der eigentliche Fertigstellungstermin erfolglos verstrichen ist, des Setzens einer Nachfrist sowie auch deren erfolglosen Ablauf. Wenn diese Nachfrist festgesetzt wird, wird auch der Rücktritt erklärt. Allerdings ist der Bauherr oder die Bauherrin zur Rückgewährung sämtlicher empfangener Leistungen verpflichtet. Insbesondere bei Bauleistungen kommt es oft vor, dass das nicht mehr möglich ist. In diesem Fall erhält das Bauunternehmen Wertersatz für das erbrachte Geleistete. Bei Bauverträgen ist die Anwendbarkeit des Rücktrittsrechts allerdings umstritten, sodass zuvor eine anwaltliche Beratung sinnvoll ist.

Ansprüche des Auftragnehmers 

Ist die Auftraggeberseite für die Verlängerung der Bauzeit verantwortlich, so kann das Bauunternehmen gemäß § 642 BGB und § 6 Abs. 6 VOB/B Schadensersatz geltend machen. Dazu muss dieser seine Leistung anbieten, die Auftraggeberseite jedoch in Annahmeverzug kommen.

Wann werden Stillstandskosten ersetzt?

Ein weiterer Anspruch von Auftragnehmer:innen bei einer Bauzeitverzögerung, der einen etwas anderen Stellenwert einnimmt, ist der Ersatz entstandener Stillstandskosten. Unter Stillstandskosten fallen beispielsweise die Kosten für:

  • Nicht einsetzbares, also wartendes Personal,
  • Zeitabhängige Baustellengemeinkosten etwa für Bauzäune, Baucontainer, Kräne und so weiter sowie
  • Allgemeine Geschäftskosten.

§ 642 BGB sieht verschuldensunabhängige Entschädigungsansprüche für solche Stillstandskosten vor, die auch bei VOB/B-Verträgen gelten, weil dort nichts Abweichendes geregelt ist. Das bedeutet, dass Auftragnehmer:innen dann einen Entschädigungsanspruch haben, wenn die Auftraggeberseite die notwenigen Vorleistungen nicht zur Verfügung stellt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn dem Architekten oder der Architektin nicht die oder der vereinbarte Fachplaner:in zur Verfügung gestellt wird oder die Leistungen eines anderen Gewerks noch nicht abgeschlossen sind. Der neue Bodenbelag kann etwa noch nicht verlegt werden, wenn der Estrich noch nicht gegossen ist. Voraussetzung ist dabei also, dass der Auftraggeber oder die Auftraggeberin es versäumt, die eigene Mitwirkungspflicht zu erfüllen. Anders sieht der Fall aus, wenn die fehlenden Vorleistungen außerhalb des Einflussbereiches der Auftraggeberseite liegen. Das ist etwa bei Schlechtwetter der Fall oder bei einer globalen Pandemie.

Neues BGH Urteil: Keine Entschädigung bei geänderten Bauzeiten

Ein BGH Urteil vom 19. September 2024 sorgt allerdings für Unverständnis bei Auftragnehmenden: Ein Elektrobetrieb klagte auf Vergütungsansprüche nach § 2 Abs. 5 VOB/B. Durch mehrfach geänderte Terminpläne entstanden 56.000 Euro in Mehrkosten, für die der Auftraggeber nicht aufkommen wollte. Die Klage wies der BGH zurück – es bestehe kein Verschulden aufseiten des Auftraggebers.

Die alleinige Mitteilung einer Terminverschiebung würde nicht als Anordnung nach § 2 Abs. 5 VOB/B gelten, daher war der geänderte Terminplan keine Willenserklärung. Der Auftraggeber hätte lediglich seine Koordinierungsaufgabe nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B erfüllt.

Diese Rechtsprechung des Zivilgerichts zeigt: Bei Änderungen des Bauablaufs werden demnach keine Pflichten aufseiten des Auftraggebenden verletzt – also haben Auftragnehmer:innen auch keinen Anspruch auf Schadensersatz und können keine Kosten nach § 642 BGB einfordern.

Dies sorgt für viel Kritik von sowohl Anwälten als auch Handwerksbetrieben. Wenn Bauherr:innen schlecht planen und sich weigern Bauzeitennachträge durchzuführen, wird sich dies in den Kosten der Auftragnehmer:innen widerspiegeln.

Geldstapel: Berechnung der Mehrkosten durch Bauverzögerungen © Jürgen Fälchle / stock.adobe.com

Berechnung der Mehrkosten

Mehrkosten können erst berechnet werden, wenn die alte Kalkulation offengelegt ist und die neue Bauzeit vertraglich festgelegt wurde. Der Begriff der Leistungsänderung umfasst alle Material-, Geräte- und Personalkosten, die durch eine Änderung des Bauentwurfs nach Vertragsschluss entstehen. Dies wird in § 2 Abs.5 VOB geregelt. Bei Mengenänderungen werden Mehr- oder Minderkosten unter zehn Prozent nach § 2 Abs.5 VOB nicht berücksichtigt. Zudem müssen Zusatzleistungen einkalkuliert werden. Das sind alle Leistungen, die nicht im Leistungsverzeichnis oder im VOB/C genannt sind. Nebenpflichten werden nicht extra vergütet, da diese nach den allgemeinen technischen Vertragsbedingungen zu dem gewöhnlichen Leistungsumfang gehören. Alles darüber hinaus zählt aber als Zusatzleistung, die entsprechend § 2 Abs.6 VOB/B extra vergütet werden. Bei Zusatzleistungen ist auch eine Mehrkostenanzeige laut VOB nötig. Die VOB Mehrkostenanmeldung ist nur bei Zusatzleistungen vorgesehen, bei Änderungsleistungen hingegen nicht. In der Regel ist auch eine Berechnung der Stillstandskosten nötig.

Die größte Bauverzögerung Deutschlands: Der Bau des Flughafens Berlin Brandenburg (BER)

Geplant war die Eröffnung des Flughafens Berlin Brandenburg für 2011 – sechs verschobene Eröffnungstermine später eröffnete der Flughafen schließlich Oktober 2020, inmitten der COVID-Pandemie. Ein Projekt, für welches 2,4 Milliarden angesetzt waren, kostete letzten Endes über 7 Milliarden Euro durch Bauverzögerungen und den dadurch entstehenden Mehrkosten. Laut einer Bestandsaufnahme wurden bereits im Juni 2012 rund 120.000 Mängel festgestellt – darunter die Brandschutzanlage und fehlende Stromanschlüsse. Doch wie kam es zu den Bauverzögerungen?

Bauverzögerungen durch Entscheidungen von Verantwortlichen

Bereits die Vergabe der einzelnen Lose hat der Bauherr nicht gebündelt durch einen Generalunternehmer durchführen lassen, sondern die Verantwortlichkeit bei sich behalten und die Lose selbst vergeben. Kein Einsatz eines Generalunternehmers, der die Gesamtverantwortung trägt, führte zu erheblichen Problemen in der Koordination der Leistungen und zu einer mangelnden Übersicht über den Baufortschritt. Das wiederum sorgte für Umplanungen und zusätzliche Kosten. Auch mangelte es generell an einer Bauüberwachung und einer Entwurfs- und Ausführungsplanung durch die Planungsgemeinschaft pg bbi. Aufgrund dessen, wie die Aero International berichtet, wurde diese relativ spät im Prozess im Jahr 2012 entlassen und 2015 durch die Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan ersetzt.

Bauverzögerungen durch mangelnden Ausführungsplan und Planänderungen

Auch wenn der Baubeginn bereits im Jahr 2006 anfing, wurden bis 2009 umfangreiche Änderungen an Entwurfs- und Genehmigungsplanung vorgenommen. Insgesamt 286 Planänderungsanträge verzögerten nicht nur Bauarbeiten und erforderten neue Baugenehmigungen. Auch stiegen Mehrkosten deutlich, da auch bereits umgesetzte Entscheidungen rückwirkend geändert werden mussten. Die Entwurfs- und Ausführungsplanung erfolgte nämlich teilweise parallel zur Bauausführung.

Das wohl bekannteste Beispiel ist die komplexe Brandschutztechnik, die bis zum geplanten Eröffnungstermin 2012 nicht umgesetzt werden konnte. Architekt:innen planten einen technisch aufwendigen Rauchabzug, der durch den Keller verlief und sich in der Realität als nicht umsetzbar herausstellte. Dieses Konzept musste durch Abluftkamine im Dach abgelöst werden, damit die Entrauchungsanlage auch über mehrere Geschosse funktionieren würde. Gleichzeitig gab es weitere grobe Planungsfehler, die dazu führten, dass die Brandschutztechnik nicht den Anforderungen entsprach und technische Mängel aufwies. Bereits 30 eingebaute Brandschutzwände mussten neu gebaut und 570 Wände geöffnet und gestärkt werden.

Weitere Kostenfaktoren

Der Bau verzögerte sich um so viele Jahre, dass Brandschutz- und andere Sicherheitsauflagen in dieser Zeit erneuert wurden. Das bedeutete wiederum, dass manche Bauteile, die schon verbaut oder bestellt waren, nicht mehr den Auflagen entsprachen und neu gestellt werden mussten.

Viele unüberlegte Entscheidungen, eine Vielzahl an Beteiligten und ein mangelnder Überblick haben letzten Endes zu jahrelangen Verzögerungen geführt. Auch wenn mehr Geld in die Planung investiert worden wäre, hätten spätere Mehrkosten erheblich verringert werden können. Stattdessen traten zahlreiche Umsetzungsfehler auf, die später reihenweise korrigiert werden mussten. Das Ergebnis waren Kosten, die sich auf das Dreifache der ursprünglichen Summe beliefen.

Bauzeitverzögerungen vermeiden: Vorbeugende Maßnahmen

Abgeschlossene Planung und Überwachung

Wie bereits am Flughafen Berlin Brandenburg aufgezeigt, sind eine Großzahl der Bauzeitverlängerungen darauf zurückzuführen, dass die Bauplanung nicht abgeschlossen ist, bevor die Arbeit auf der Baustelle tatsächlich losgeht. Ein wichtiger Schritt zur Vermeidung von Mehrkosten durch Bauzeitverlängerungen ist es also, diesen Fehler nicht zu begehen. Sollte es doch während des Baus zu Sonderwünschen kommen, sollten die daraus resultierenden Folgen den (privaten) Bauherr:innen erläutert werden – gegebenenfalls wird dann sogar davon Abstand genommen. Zu einer guten Planung gehört auch eine gute terminliche Planung. Daher sollten konkrete Fertigstellungtermine und Fristen vereinbart werden. Sowohl für das ganze Projekt als auch für einzelne Schritte. Bauherr:innen sollten vor Vertragsschluss einen Terminplan von den Bauunternehmen verlangen, in dem dargestellt wird, welche Bauleistungen wann erbracht werden. So kann während des ganzen Bauprozesses kontrolliert werden, ob die zeitlichen Ziele eingehalten werden und gegebenenfalls zeitnah reagiert werden, wenn es zu Verzögerungen kommt.

Vertragsstrafen vereinbaren

Vertragsstrafen sind ein wirksames Druckmittel zur Einhaltung der Fertigstellungsfrist. Das Bauunternehmen ist auch dann zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet, wenn den Bauherr:innen durch die Bauverzögerung gar kein Schaden entstanden ist. Die Vertragsstrafenregelung muss im entsprechenden Bauvertrag oder einer zusätzlichen Vereinbarung festgehalten sein. Gesetzliche Regelungen sind in §§ 339 ff. BGB und § 11 VOB/B zu finden. Die Vertragsstrafe setzt einen Verzug voraus, für den allerdings nicht der Bauherr oder die Bauherrin verantwortlich sein darf. Der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe erlischt auch, wenn das Bauunternehmen nachweisen kann, dass der Verzug entstanden ist, weil ein anderes Unternehmen beispielsweise nicht pünktlich fertig geworden ist. Wenn Sie mehr über Vertragsstrafen im Baurecht erfahren wollen, lesen Sie gerne in unserem entsprechenden Ratgeber weiter.

Fazit: Bauherren profitieren von der Rechtsprechung

Die Rechtslage zu Bauzeitverzögerungen ist für Bauherr:innen sehr gut. Ihre Chancen, bei Verzögerungen, die durch Auftragnehmer:innen entstanden sind, Schadensersatz durchzusetzen, stehen gut. Dazu kommt auch, dass Bauunternehmen für alle Personen im gleichen Umfang wie für eigenes Verschulden haften, derer sie sich zur Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten bedienen, also für sogenannte Erfüllungsgehilfen nach § 278 S. 1 BGB. Ausgenommen ist Lieferverzug, sei es durch eine Falschlieferung oder einen Mangel an einem Baumaterial. Außerdem liegt die Beweislast im Streitfall beim Bauunternehmen. Es muss beweisen, dass es nicht für die Verzögerung verantwortlich ist. Ist ihm das nicht möglich, kann der Geschädigte seine Ansprüche geltend machen.

Das bedeutet für Bauunternehmen, dass sie bereits vor Vertragsschluss genau überlegen müssen, wie sie ihre Risiken minimieren. Welche Fristen sind einzuhalten? Ist ausreichend Puffer eingeplant? Sind die Subunternehmen und andere Erfüllungsgehilfen zuverlässig?

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ibau Autorin Hannah Simons
Hannah Simons

Als Redakteurin produzierte Hannah Simons verschiedene informative Inhalte für die Kund:innen von ibau, insbesondere im Glossar- und Wissenswert-Bereich. In ihren Artikel klärte Sie schwerpunktmäßig über die Themen Umwelt, Gesellschaft und Vergaberecht auf. Dabei war es ihr besonders wichtig, komplexe Inhalte einfach und gut verständlich aufzubereiten. Ihr Ziel war es, dass sich Leser:innen problemlos über die wichtigsten Themen der Branche informieren können und ihnen dabei genug Zeit und Kapazitäten bleiben, sich auf die Kernaufgaben ihres Gewebes zu konzentrieren.