Vor der Einleitung eines Vergabeverfahrens muss der oder die öffentliche Auftraggeber:in eine Kostenschätzung der ausgeschriebenen Leistung vornehmen. Dies dient zum einen der Feststellung, ob die finanziellen Haushaltsmittel für den anvisierten Auftrag verfügbar sind. Zum anderen kann nach der Kostenschätzung erst eine passende Vergabeart gewählt werden. Dies betrifft die Entscheidung über eine nationale Ausschreibung im Unterschwellenbereich oder eine europaweite Ausschreibung im Oberschwellenbereich. Nach der Vergabeverordnung (VgV) ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Kostenschätzung des Auftragswerts der Tag der Absendung der Auftragsbekanntmachung oder der Einleitung des Vergabeverfahrens auf sonstige Weise.
Grundlage der Kostenschätzung ist der voraussichtliche Gesamtwert der gefragten Leistung ohne Umsatzsteuer. Zu berücksichtigen sind Prämien an Bewerber:innen ebenso wie Vertragsverlängerungen oder etwaige Optionen, d. h. eine Fortsetzung der Vertragslaufzeit zu denselben Bedingungen.
Erforderlich und ausreichend für eine ordnungsgemäße Kostenschätzung ist, dass sie von einem realistischen Bedarf ausgeht und dieser im Hinblick auf ein am Markt orientiertes Ergebnis bewertet wurde.
Die Berechnung der Kostenschätzung darf nicht durch z. B. Aufteilung der Auftragsvergabe das Ziel verfolgen, Anwendungen des Gesetzes für Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) oder der VgV zu umgehen. Für eine Aufteilung müssen objektive Gründe vorliegen, z. B. wenn die Zuständigkeit für einen Teil des Auftrags bei einer eigenständigen Organisationseinheit liegt.
Eine Kostenschätzung gilt als Prognose des voraussichtlichen Preises, zu dem die in den Vergabeunterlagen festgelegte Leistung unter Wettbewerbsbedingungen erlangt werden kann. Schätzungsgrundlage können bisherige Ausschreibungen oder Erfahrungswerte von anderen Auftraggeber:innen sein, die bereits eine ähnliche Leistung erworben haben. Aber auch anonyme Anfragen bei Großhändler:innen und Markterkundung im Internet sind eine mögliche Hilfe.
Eine Kostenschätzung ist gemäß der Begriffsbestimmung auch nötig, um bei unterschwelligen Vergaben zu ermitteln, ob als Vergabeverfahren eine beschränkte Ausschreibung oder eine Verhandlungssvergabe (ehemals freihändige Vergabe) zulässig ist. Die zugehörigen Wertgrenzen unterliegen den Maßgaben der Bundesländer.
Die ordnungsgemäße Schätzung des Auftragswerts entscheidet auch darüber, ob ein Vergabeverfahren wegen mangelnder wirtschaftlicher Angebote aufgehoben wird. Dies gilt, wenn alle Angebote mindestens etwa 20 Prozent über dem geschätzten Preis liegen. Die Richtwerte regeln die Bundesländer. Nur eine Kostenschätzung, die einer Prüfung ihrer Ordnungsmäßigkeit standhält, berechtigt den oder die Auftraggeber:in bei gegebenen Umständen zu einer Aufhebung.
Erläuterung und Erklärung zu Kostenschätzung finden sich in der VgV, der VOB/A bzw. der VOL/A.