Verhandlungsvergabe

Das am wenigsten reglementierte Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge war bislang die freihändige Vergabe. Nach Neuordnung in der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) trägt dieses Verfahren nun die Bezeichnung Verhandlungsvergabe. Es kann mehr oder weniger als Unterschwellen-Pendant zum Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich beschrieben werden und vereinfacht somit die Vergabe von kleinen Aufträgen.

Was ist eine Verhandlungsvergabe?

Durch die UVgO wurde die freihändige Vergabe in die Verhandlungsvergabe umbenannt. Diese Vergabeart kann entweder mit oder ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden. Ohne Teilnahmewettbewerb bedeutet, dass die Beschaffung nicht öffentlich ausgeschrieben werden muss. Spezifisch für die Verhandlungsvergabe ist aber, dass der Auftraggeber bei Verzicht auf den Teilnahmewettbewerb mindestens drei Unternehmen ohne vorliegende Ausschlussgründe zur Angebotsabgabe beziehungsweise zur Teilnahme an den Verhandlungen auffordert.

Fälle für Verhandlungsvergabe

Die UVgO benennt eine Reihe von neuen Rahmenbedingungen, die die Verhandlungsvergabe zulassen. Möglich ist die Verhandlungsvergabe, wenn Ausführungsbestimmungen des Bundes oder der Länder dies bis zu definierten Höchstwerten zulassen. Zulässig ist eine Verhandlungsvergabe auch, wenn Eigenschaften des zu vergebenden Auftrags Verhandlungen erfordern oder als zielführend erscheinen lassen, zum Beispiel bei:

  • hohen Anforderungen an Konzeption und Innovation, besonderer Komplexität oder risikoreicher finanzieller oder rechtlicher Umstände
  • Anforderungen, die vorab nicht hinreichend und erschöpfend beschreibbar sind
  • Dringlichkeit der Leistungsbeschaffung, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte
  • einer "vorteilhaften Gelegenheit" zu einer wirtschaftlicheren Beschaffung
  • wenn ausschließlich eine Behindertenwerkstatt, eine Justizvollzugsanstalt oder ein anderes Sozialunternehmen beauftragt werden kann

Anknüpfende Aufträge

Möglich ist die Verhandlungsvergabe auch, wenn der zu vergebende Auftrag an einen vorangegangenen anknüpft, beispielsweise wenn zur Vermeidung technischer Risiken bereits erbrachte Leistungen durch den oder die ursprüngliche:n Auftragnehmer:in erneuert oder erweitert werden.

Unterschied zu anderen Unterschwellen-Vergabearten

Der entscheidende Unterschied zwischen der Verhandlungsvergabe und anderen Arten der Vergabe im Unterschwellenbereich ist, dass bei der Verhandlungsvergabe nachverhandelt werden darf. Das bedeutet, dass nach der Angebotsfrist kein sogenanntes Nachverhandlungsverbot besteht. Bieter:innen haben somit die Möglichkeit, nach dem Ablauf dieser Frist bei der Auftraggeberseite zu erfragen, was er an ihrem Angebot verändern muss, um den Zuschlag zu bekommen. Bei kleinen Aufträgen ist es nämlich oftmals im Interesse der Vergabestelle, Kosten und Zeit zu sparen. Demnach wird sie nur in seltenen Fällen alle Bieter:innen dazu auffordern, sich preislich gegenseitig zu unterbieten.

Vorteile für Auftraggeber:innen werden zu Nachteilen für potenzielle Bieter:innen

Eine Beschaffung ohne Teilnahmewettbewerb nicht ausschreiben zu müssen, spart den Auftraggeber:innen viel Zeit und Geld ein. Gleichzeitig können sie nur jene drei Unternehmen zu einem Angebot auffordern, die sie unter Umständen bereits kennen beziehungsweise denen sie vertrauen. Das alles findet jedoch im Hintergrund und nicht öffentlich statt, weshalb andere Unternehmen keine Chance haben, unter den drei auserwählten Bieter:innen zu sein.

Laden Sie sich die Infografik zum Ausdrucken in DIN A3 herunter

Weitere spannende Artikel

01.04.2020 08:16 | ibau Redaktion Veröffentlicht in: Wissenswertes
Neukund:innen sind immer eine gute Sache. Sicher wenden Sie in Ihrem Unternehmen einen Großteil der Marketing-Bemühungen darauf auf möglichst viele neue Interessenten zu generieren. Das ist auch gut so. Was viele Dienstleistunds- und Vertriebsunternehmen dabei jedoch [...]
14.09.2023 16:25 | Hannah Simons Veröffentlicht in: Wissenswertes
Kundenakquise ist eine der größten Herausforderungen für viele Unternehmen. Oft scheitert es daran, dass ein Unternehmen nicht weiß, wie es potentielle Kund:innen erreichen kann. Da Maßnahmen zur Neukundengewinnung teuer sind und die Erfolge nicht auf den ersten Bl [...]
24.10.2019 08:00 | ibau Redaktion Veröffentlicht in: Wissenswertes
Häufig sind in Bauverträgen Vertragsstrafen vereinbart. Diese können Regelungen enthalten, die unter gewissen Umständen unwirksam sind. Viele Bauunternehmen stellen sich die Frage, wann eine Vertragsstrafe wirksam ist und unter welchen Bedingungen sie diese nicht le [...]
23.10.2020 09:20 | Jacqueline Segeth Veröffentlicht in: Wissenswertes
Seit Mai 2018 gilt mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für Unternehmen besondere Vorsicht im Umgang mit personenbezogenen Daten. Das Ziel ist, wie der Name schon sagt, der Schutz persönlicher Daten von Kund:innen und Nutzer:innen. Aber welche Regeln und Gesetze [...]
20.12.2023 14:17 | Hannah Simons Veröffentlicht in: Wissenswertes
Für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gibt es zahlreiche Förderprogramme, die speziell auf die Anforderungen dieser Betriebe zugeschnitten sind. Ziel dieser KMU-Fördermittel ist es, die KMU zu unterstützen und ihnen wirtschaftlich unter die Arme zu gre [...]
19.04.2022 08:27 | Hannah Simons Veröffentlicht in: Wissenswertes
Unternehmensdatenbanken sind eine Sammelstelle für Informationen zu verschiedenen Firmen. Je nach Umfang und Ziel sind neben den Daten zu Gründungsjahr, Geschäftsführung und Tätigkeiten auch Projekte, Netzwerke und wirtschaftliche Erfolge oder Miserfolge hinterlegt [...]