Das Auftragsvolumen bezeichnet den gesamten Kostenumfang bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Diesen auch als Auftragswert bezeichneten Umfang schätzen ausschreibende Stellen bereits vor Beginn eines Vergabeverfahrens. Bei einer Erläuterung zum Auftragsvolumen ist der Begriff des Schwellenwerts von Bedeutung. Bei Überschreiten dieses Werts gelten bestimmte Auflagen für die Ausschreibung.
Die Höhe des Auftragswerts oder Auftragsvolumens ist entscheidend für Art und Umfang des Vergabeverfahrens. Das Auftragsvolumen entscheidet darüber, ob überhaupt ein Vergabeverfahren stattfindet. Seine Höhe ist weiterhin dafür ausschlaggebend, ob es sich um ein nationales oder um ein EU-weites Vergabeverfahren handelt. Davon ist wiederum abhängig, ob die Vergabekammern oder Oberlandesgerichte die Auftragsvergabe kontrollieren müssen. Die Schätzung des Auftragswerts obliegt nach § 3 VgV (Vergabeverordnung) den ausschreibenden Stellen. Ausschlaggebend ist, ob er die jeweiligen Schwellenwerte (geregelt nach § 106 GWB) überschreitet.
Bei einer Erklärung zu Auftragsvolumen spielt die Schätzung dieses Werts eine besondere Rolle. Im Rahmen der Schätzung geht es um den abzusehenden Gesamtwert der Leistung des Auftrags ohne Umsatzsteuer. Hierbei sind weiterhin eventuelle Vertragsverlängerungen sowie gegebenenfalls zusätzliche Optionen einzukalkulieren. Sofern ein:e öffentliche:r Auftraggeber:in Prämien oder andere Zahlungen an Bieter:innen oder Bewerber:innen vorsieht, spielen auch diese in der Schätzung eine Rolle (vergleiche hierzu § 3 Absatz 1 VgV).
Im Vorfeld des Vergabeverfahrens muss bereits bekannt sein, um welche Art von Vergabeverfahren es sich handelt und welche Auflagen hierbei zu beachten sind. Da das Auftragsvolumen das entscheidende Kriterium ist, spielt seine Schätzung eine wichtige Rolle. Die Schätzung trägt weiterhin zur Prüfung des Haushalts der ausschreibenden Stelle bei. Hierbei lässt sich abschätzen, ob die öffentlichen Mittel zur Auftragsbeschaffung genügen.
Zu berücksichtigen ist, dass der letztliche Auftragswert vor seiner Ausführung nicht exakt bekannt ist. Die Schätzung bietet daher nur einen groben Anhaltspunkt zur Auftragsvolumen-Definition. Als Prognose weicht sie vom Entgelt des später de facto vergebenen Auftrags in der Praxis ab. Daher ist öffentlichen Auftraggeber:innen ein Spielraum in der Beurteilung gegeben. Im Falle einer korrekten Schätzung müssen Auftraggeber:innen diese im gesamten Verfahrensverlauf zugrunde legen. Für eine Beurteilung der rechtskonformen Auftragsvergabe ist eine Abweichung des Auftragswerts von der Schätzung grundsätzlich unerheblich.
Die juristische Grundlage zur Schätzung des Auftragswertes findet sich in § 3 VgV. Der geschätzte Auftragswert gemäß Vergabeverordnung ist die zentrale Größe für den Ablauf des Vergabeverfahrens. Von der Höhe hängt die Anwendung der Vorschriften gemäß dem vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ab (§ 106 Abs. 1 S. 1 GWB). Gemäß § 3 Abs. 1 S.1 VgV ist der voraussichtliche Gesamtwert der Leistung ohne Umsatzsteuer zu ermitteln. Unter Berücksichtigung von Prämien an Bieter:innen ist vom größtmöglichen Auftragswert auszugehen.
Übersteigt das Auftragsvolumen einen bestimmten Wert, sind öffentliche Auftraggeber:innen zur Anwendung von EU-Richtlinien gemäß GWB verpflichtet. Diese Volumina werden Schwellenwerte genannt und entscheiden über die Durchführung eines nationalen oder europaweiten Vergabeverfahrens.
Gemäß § 106 GWB gelten mit Beginn des Vergabeverfahrens ab dem 1. Januar 2020 folgende Schwellenwerte in der EU. Im Hinblick auf Dienstleistungsaufträge und Lieferaufträge klassischer öffentlicher Auftraggeber:innen gilt eine Grenze von 214.000 Euro. Bei Sektorenauftraggeber:innen liegt die Grenze bei 428.000 Euro. Handelt es sich um zentrale oberste Regierungsbehörden, gilt eine Grenze von 139.000 Euro. Die jeweiligen Beträge verstehen sich zuzüglich Mehrwertsteuer.
Handelt es sich um Bauaufträge, gilt ein einheitlicher Schwellenwert von 5.350.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich um klassische öffentliche Auftraggeber:innen, Sektorenauftraggeber:innen oder Baukonzessionen handelt. Die jeweiligen Schwellenwerte haben Geltung vom Beginn an für die nächsten zwei Jahre.
Vom voraussichtlichen Auftragsvolumen hängt nicht nur die Entscheidung ab, ob Auftraggeber:innen national oder europaweit ausschreiben müssen. Weiterhin entscheidet das Volumen darüber, ob es sich um ein offenes oder nicht-offenes Ausschreibungsverfahren handelt. Ebenso hängt von der zu schätzenden Auftragssumme ab, ob die Ausschreibung öffentlich oder beschränkt ist. Das Auftragsvolumen entscheidet auch darüber, ob eine freihändige Vergabe angezeigt ist.
Ein weiterer Aspekt betrifft die für Bieter:innen wichtige Nachprüfung. Wenn der Schwellenwert für die EU-weite Ausschreibung überschritten wird, haben Bieter:innen die Möglichkeit, eine Nachprüfung anzustoßen. Diese erfolgt vergaberechtlich durch Vergabekammern und Oberlandesgerichte. Sie unterliegt den Paragraphen 102 ff GWB.
Es ist nicht zulässig, einen Gesamtauftrag künstlich in mehrere einzelne Aufträge zu zerstückeln. Auf diese Weise könnten Auftraggeber:innen EU-Schwellenwerte umgehen beziehungsweise diese unterschreiben. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass ein Zerstückeln der Aufträge diesem Zweck dient, um das Erreichen der Schwellenwerte zu vermeiden.
Auch wenn es sich beim Auftragsvolumen um Werte unterhalb der Schwellenwerte handelt, sieht § 3 VgV bestimmte Auflagen unter Verweis auf die Landesvergabegesetze vor. Diese sind grundsätzlich anzuwenden, wenn die Schwellenwerte nicht überschritten werden. Die Höhe des Auftragswerts entscheidet dann wiederum über drei unterschiedliche Verfahren zur Auftragsvergabe des Landes: die öffentliche Ausschreibung, die beschränkte Ausschreibung und die freihändige Vergabe.
Beim Verfahren der öffentlichen Ausschreibung handelt es sich um das am häufigsten angewandte Auftragsverfahren. Hierbei besteht die Pflicht zur öffentlichen Bekanntgabe der Ausschreibung. Dies dient dem Ziel, die größtmögliche Zahl potenzieller Interessierte zu erreichen. Ausschreibende Stellen sollen möglichst viele Angebote erhalten.
Das beschränkte Ausschreibeverfahren sowie die freihändige Vergabe haben gemeinsam, dass sich ausschreibende Stellen nur an eine begrenzte Anzahl von Interessierten wenden und diese zur Angebotsaufgabe auffordern. Das freihändige Vergabeverfahren unterscheidet sich vom beschränkten durch eine größere Formfreiheit beim Einholen der Angebote.
Bei der Vergabe von Auftragen unterhalb der Schwellenwerte sind die Tariftreue- und Vergabegesetze (TvgG) von Bedeutung. Die meisten Bundesländer verfügen über ihr je eigenes TvgG. Diese sollen gewährleisten, dass die Länder auf bestimmte sozialpolitische Zwecke bei der Auftragsvergabe achten. Dazu gehören sogenannte vergabefremde Kriterien, darunter die Einhaltung von Mindestlöhnen und Tariftreue.