Vergabemindestlohn
Vergabemindestlohn ist die Bezeichnung für den Mindestlohn, der in manchen Bundesländern bei der Durchführung von öffentlichen Aufträgen gezahlt wird.
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Was ist der Vergabemindestlohn?
Bei der öffentlichen Vergabe müssen potentielle Auftragnehmer:innen eine Reihe von Kriterien erfüllen. Diese können auf Nachhaltigkeit abzielen, doch auch soziale Kriterien wie der Mindestlohn spielen eine Rolle. Die Länder können einen Vergabemindestlohn als ergänzende Ausführungsbedingung bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen festlegen.
Unternehmen, die öffentliche Aufträge ausführen, müssen in diesem Fall ihren Angestellten einen Mindestlohn zahlen, wenn sie für den Auftrag eingesetzt werden. Zahlen potentielle Auftragnehmer:innen diesen Vergabemindestlohn nicht, werden sie von der Vergabe ausgeschlossen und erhalten somit auch keine Zuschläge für öffentlichen Aufträge. Die Höhe des Mindestlohnes orientiert sich häufig an den ortsüblichen Tarifverträgen.
Ziel des Vergabemindestlohns
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Unternehmen, die öffentliche Aufträge ausführen, sollen von guten Arbeitsbedingungen profitieren. Dazu gehört auch ein Mindeststandard für das Gehalt. Der Vergabemindestlohn zielt darauf ab, die Angestellten vor Dumpinglöhnen zu schützen.
Wo gilt der Vergabemindestlohn?
Die folgenden Bundesländer haben bereits einen Vergabemindestlohn eingeführt:
- Baden-Württemberg
- Berlin
- Brandenburg
- Bremen
- Hamburg
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Saarland
- Schleswig-Holstein
Die Höhe des Vergabemindestlohnes variiert je nach Bundesland.
Entwicklung des Vergabemindestlohns
Soziale Kriterien wie eine gerechte Bezahlung wurden in den letzten Jahren immer ernster genommen. Um diese Kriterien für Arbeitnehmer:innen zu gewährleisten, die öffentliche Aufträge ausführen, haben manche Bundesländer die gesetzliche Tariftreue eingeführt. Demnach wurden nur die Unternehmen bei der öffentlichen Vergabe berücksichtigt, die ihren Beschäftigten bei der Ausführung des Auftrages mindestens Löhne in Höhe des ortsüblichen Tarifvertrages zahlten.
Rüffert-Fall: Wirtschaftliche Grundfreiheiten wichtiger als Schutz von Arbeitnehmerrechten
Doch der EuGH sprach sich mit dem sogenannten Rüffert-Urteil (2008) gegen die Tariftreue aus. Der Hintergrund: Das Land Niedersachsen hatte seinen Bauauftrag für die JVA Rosdorf bei Göttingen dem Auftragnehmer entzogen, weil dessen polnischer Subunternehmer seine Arbeiter untertariflich bezahlte. Der EuGH wertete die Rücknahme der Auftragserteilung als Verstoß gegen die Entsenderichtlinie – Tariftreueregelungen wurden somit unzulässig.
Als Reaktion darauf führen die Bundesländer nach und nach Vergabemindestlöhne ein. Das Bundesland Berlin reagierte schnell und führte bereits im selben Jahr einen Vergabemindestlohn in Höhe von 7, 50 Euro ein.
Bei Vergabemindestlöhnen akzeptiert der EuGH die damit einhergehende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit zugunsten des Arbeitnehmerschutzes. Diese sei mit der Vergabekoordinationsrichtlinie konform, so der EuGH.
Kritik am Vergabemindestlohn
Der Vergabemindestlohn gilt nur für Vergaben im Oberschwellenbereich. Wenn ein öffentlicher Auftrag unterhalb der Schwelle bleibt, können die Beschäftigten nicht vom Vergabemindestlohn profitieren. Gerade in Bundesländern, die hohe Schwellenwerte ansetzen, sind davon viele Aufträge betroffen.