Teilaufhebung einer Ausschreibung

Innerhalb eines Losverfahrens kann es vorkommen, dass Fehler in einer Ausschreibung entdeckt werden, weshalb die Zuschlagsfähigkeit der Bieter:innen eingeschränkt ist. In diesem Fall ist es der Vergabestelle erlaubt, anstelle von allen Losen nur einen Teil der Ausschreibung aufzuheben – so zum Beispiel ein einzelnes Los, welches die Mängel enthält.

Was versteht man unter der Teilaufhebung einer Ausschreibung?

Bei Ausschreibungen gibt es verschiedene Verfahren, die zur Anwendung kommen können. Das relevante Verfahren für die Teilaufhebungen ist das Losverfahren. Dabei wird eine Ausschreibung in verschiedene Teile “zerlegt”, wodurch kleinere Auftragseinheiten (Lose) entstehen, die an verschiedene Bewerber:innen vergeben werden können. Dadurch können mehrere Unternehmen gleichzeitig an dem Auftrag arbeiten. Im Falle von Losverfahren ist es dann möglich, dass durch den Auftraggeber oder die Auftraggeberin Mängel an einzelnen Losen auftreten, die jedoch nicht die gesamte Anzahl an Losen betreffen. Wenn somit nur bestimmte Lose durch inhaltliche Fehler beispielsweise ihre Gültigkeit verlieren, kann die Vergabestelle eine Teilaufhebung veranlassen.

Die Aufhebung einer Ausschreibung seitens des Auftraggebers oder der Auftraggeberin ist aus folgenden Gründen nach § 17 Abs.1 VOB/A zulässig:

  • Es ist kein Angebot eingegangen, welches den Anforderungen der Ausschreibung entspricht.
  • Es wurde kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt.
  • Die Grundlage des Vergabeverfahrens hat sich verändert, weshalb die Vergabeunterlagen grundlegend verändert werden müssen.
  • Es bestehen andere schwerwiegende Gründe für eine Aufhebung.

Die aufgelisteten Gründe sind außerdem auch in der Vergabeordnung (§ 63 Abs.1 VgV) und der Unterschwellenvergabeordnung (§ 48 Abs.1 UVgO) geregelt und die Aufhebung kann in einzelnen Fällen auch von der Vergabestelle veranlasst werden. Sollte eine Aufhebung durchgeführt werden, ist dies unverzüglich der bietenden Person mitzuteilen (§ 17 Abs.2 VOB/A).

Die Teilaufhebung ist jedoch nur bei Losverfahren zulässig. Derzeit ist diese Möglichkeit allerdings noch nicht in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) verschriftlicht worden - dort findet man bisher nur die Gesamtaufhebung von Ausschreibungen. In der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) ist sie wiederum geregelt.

Voraussetzungen für eine Teilaufhebung

Eine zentrale Voraussetzung für eine Teilaufhebung ist, dass es sich dabei um eine Ausschreibung nach dem Losverfahren handelt - in offenen Verfahren ist die Möglichkeit nicht gegeben. Außerdem müssen dabei wesentliche Aufhebungsgründe vorliegen. Darunter versteht man unter anderem den Wegfall von Leistungen oder relevante Mengenänderungen. Im Losverfahren kann es dadurch vorkommen, dass ein Zuschlag nur bei einzelnen Losen möglich ist. Die Teilaufhebung gilt dann als milderes Mittel gegenüber einer vollständigen Aufhebung und wird demnach bevorzugt.

Eine Teilaufhebung darf nicht zur Diskriminierung einzelner Bieter:inen genutzt werden, was gegen den Wettbewerbsgrundsatz und Gleichbehandlungsgrundsatz sprechen würde - der Auftraggeber:innen brauchen also einen sachlichen Grund. Die Darlegungs- und Beweislast liegt auf Seiten der Auftraggeber:innen. Die Ursache für die Aufhebung darf auch nicht von dem Auftraggeber oder der Auftraggeberin selbst verschuldet worden oder vorhersehbar gewesen sein. Durch diese Anforderungen soll vermieden werden, dass eine Teilaufhebung nur zum Schein oder aus reiner Willkür erfolgt.

Vorteile einer Teilaufhebung

Durch die Option zur Teilaufhebung bietet sich Auftraggeber:innen die Möglichkeit, bei kleinen Fehlern in der Ausschreibung eine Korrektur vorzunehmen, ohne die gesamte Ausschreibung zuvor aufheben zu müssen. Dieses Recht, dass der Auftraggeber oder die Auftraggeberin keinen Auftrag vergeben muss, der auf fehlerhaften Grundlagen basiert, geht auch mit der Vertragsfreiheit einher, die auch bei öffentlichen Ausschreibungen greift. Dadurch kann vermieden werden, dass die aufwändige Durchführung von Ausschreibungen nicht nochmal wiederholt werden muss, solange keine schwerwiegenden Verstöße vorgelegen haben. Es erleichtert die Arbeit des oder der Auftraggebenden.

Kritik an Teilaufhebungen

Es gibt aber auch Kritiker. Für einige Bieter:innen kann eine Teilaufhebung dazu führen, dass sie in der zweiten Angebotsrunde eine niedrigere Position erzielen. Das führt auch oftmals dazu, dass der Verdacht geäußert wird, es handle sich bei einer Teilaufhebungen um rechtswidrige Nachverhandlungen. Doch solange die einwandfreie Preisermittlung der Bieter:innen durch die Teilaufhebung nicht eingeschränkt wird und es sich nicht um so gravierende Änderungen handelt, die die gesamten Lose verändern, handelt es sich nicht um eine Nachverhandlung. Außerdem können Auftraggeber:innen auch nicht nach eigenem Belieben ihre Ausschreibungen teils aufheben und verändern, sondern sind an die oben genannten Voraussetzungen gebunden.

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