Obhutspflicht im KrWG
Hersteller:innen tragen laut der Obhutspflicht über die reine Herstellung hinaus eine Verantwortung für ihre Produkte. Diese sollen lange halten, wenig Energie verbrauchen und nach Ablauf des Lebenszyklusses nur wenig Müll verursachen.
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Was ist die Obhutspflicht im Kreislaufwirtschaftsgesetz?
Die Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2008 macht den Mitgliedstaat Vorgaben darüber, wie der Übergang zur Kreislaufwirtschaft gelingen kann. Um diese Richtlinie umzusetzen, wurde in Deutschland das seit 1996 geltende Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) angepasst. Mit der Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie im Jahr 2018 wurde auch das KrWG erneut geändert und unter anderem durch die sogenannte Obhutspflicht ergänzt. Die novellierte KrWG trat am 29. Oktober 2020 in Kraft.
Die Obhutspflicht ist eine neue Art der Produktverantwortung. Dabei ist es gleich, ob es um ein T-Shirt oder um ein Smartphone geht: Grundsätzlich gilt die neue Obhutspflicht aus § 23 KrWG für alle Produkte. Gleichzeitig werden wirklich alle Produktionsschritte, die Nutzung an sich und die gesamte Produktlebensdauer beachtet. So sollen der Vertrieb, die Lagerhaltung und der Transport abfall- und energiearm vonstatten gehen. Für den Gebrauch gilt dasselbe: Durch die Nutzung soll weder unnötiger Abfall entstehen noch Energie verschwendet werden, außerdem sollen die Produkte lange gebrauchstauglich bleiben. Diese sollen auch so konzipiert sein, dass sie nach Ablauf der Gebrauchstauglichkeit weitestgehend recycelt werden können und möglichst wenig Abfall entsteht.
Was ist das Ziel der Obhutspflicht?
Die Obhutspflicht soll zur Erreichung der Ziele der Kreislaufwirtschaft beitragen. Die bisher vorwiegende Linearwirtschaft soll Schritt für Schritt durch die Kreislaufwirtschaft ersetzt werden. Demnach sollen Rohstoffe eben nicht wie bisher üblich nach der Nutzung entsorgt werden, sondern gemäß dem Kreislaufwirtschaftsprinzip möglichst lange in einem Kreislauf zirkulieren und dabei etwa recycelt, geleast oder wiederverwendet werden. Wenn ein Produkt nicht mehr genutzt werden kann, sollen die Ressourcen produktiv weiterverwendet werden und so Teil der Wirtschaft bleiben. Abfälle sollen nur in einem geringen Umfang entstehen und auch möglichst umweltfreundlich entsorgt werden. Dabei hat die Abfallvermeidung immer Vorrang vor der Abfallentsorgung. Die Müllkippe ist immer das letzte Mittel. Auf letztere dürfen auch weder Retouren noch Überproduktion verschoben werden. Vielmehr ist es so, dass die Unternehmen die Verantwortung dafür tragen, dass ihre Produkte der Umwelt möglichst wenig schaden. Insgesamt ist die Produktverantwortung weit gefasst und stellt neben den gerade genannten Anforderung an die Produkte hinaus noch weitere:
- Sie sollen ressourceneffizient hergestellt werden.
- Sie müssen mehrfach verwendbar, technisch langlebig und reparierbar sein.
- Nach Gebrauch sollen die enthaltenen Ressourcen möglichst hochwertig wiederverwertet werden können. Ein Downcycling wie etwa das Verwenden hochwertiger Baustoffe als Straßenschutt soll vermieden werden.
- Der Anteil von Gefahrstoffen in Produkten soll gesenkt werden.
- Die enthaltenen Schadstoffe müssen in der Kennzeichnung des Produktes genannt werden, um sicherzustellen, dass spätere Abfälle umweltverträglich verwertet oder entsorgt werden.
- Die Produkte und möglicherweise auch die entstandenen Abfälle müssen nach Gebrauch durch die Hersteller:innen zurückgenommen beziehungsweise aufbereitet werden.
Adressaten der Obhutspflicht sind all diejenigen Unternehmen, die entweder Produkte entwickeln, herstellen oder verarbeiten. Sie tragen die Produktverantwortung und müssen Sorge tragen, dass Ihre Erzeugnisse die Voraussetzungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erfüllen.
Was bedeutet die Obhutspflicht für eine nachhaltige Vergabe?
Die neue Obhutspflicht wirkt sich auch auf die öffentliche Beschaffung aus. Laut dem § 45 Abs. 2 KrWG müssen Behörden des Bundes und der Aufsicht des Bundes unterstehende juristische Personen des öffentlichen Rechts bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen bevorzugt den Unternehmen den Zuschlag geben, die nachhaltig produzieren und wirtschaften. Das bezieht sich beispielsweise auf die Art der Produktion, die möglichst umweltschonend ablaufen soll. Auch die Recyclingfähigkeit, die Langlebigkeit und die Reparaturfreundlichkeit von Produkten spielen eine Rolle. Außerdem ist es auch von Bedeutung, wie ein Produkt entsorgt werden kann. Wenn der Abfall weniger Schadstoffe enthält oder sich besser zur umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung eignet, ist dies ein Pluspunkt.
Allerdings können Vergabestellen nicht unbegrenzt die Erfüllung ökologischer Kriterien fordern, was beispielsweise in Bezug auf die Beschaffung von Antibiotika bereits für Furore gesorgt hat. Für die Einbeziehung ökologischer Kriterien gelten die folgenden Voraussetzungen:
- Die Erzeugnisse müssen für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet sein.
- Durch die ökologische Beschaffung oder Verwendung entstehen keine unzumutbaren Mehrkosten.
- Ein ausreichender Wettbewerb muss gewährleistet werden.
- Es gibt keine anderen Rechtsvorschriften, die den Kriterien entgegenstehen.