Mehrfachbeteiligung
Eine Mehrfachbeteiligung an einem Vergabeverfahren bedeutet, dass ein:e Bieter:in mehr als ein Angebot für die gleiche Ausschreibung abgibt.
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Was ist eine Mehrfachbeteiligung?
Man spricht von einer Mehrfachbeteiligung, wenn ein:e Einzelbieter:in mehr als ein Angebot einreicht oder wenn ein:e Bieter:in Teil einer Bietergemeinschaft ist und darüber hinaus als Einzelbieter:in an derselben Ausschreibung teilnimmt. Auch dann, wenn ein:e Bieter:in Teil von mehr als einer Bietergemeinschaft ist und diese Angebote für dieselbe Ausschreibung abgeben, handelt es sich um eine Mehrfachbeteiligung. Dasselbe gilt, wenn Konzerne miteinander verbunden sind, aber trotzdem jeweils als Einzelbieter an einem Vergabeverfahren teilnehmen. In den meisten Fällen sind Mehrfachbeteiligungen vergaberechtswidrig.
Wann ist eine Mehrfachbeteiligung zulässig?
Eine Mehrfachbeteiligung kann auch zulässig sein. Wenn sich ein:e Bieter:in an einem Vergabeverfahren beteiligt, und Unterauftragnehmer:in eines anderen Bieters oder einer anderen Bieterin ist, ist dies in vielen Fällen kein Problem. Voraussetzung ist aber, dass der oder die Unterauftragnehmer:in keinen Einblick in die Angebotserstellung des Auftraggebenden nehmen kann und somit die Geheimhaltung gewahrt bleibt.
Wann ist eine Mehrfachbeteiligung unzulässig?
Immer dann, wenn bei einer Mehrfachbeteiligung der Geheimhaltungsgrundsatz nicht eingehalten wird, ist diese unzulässig. Dieser Grundsatz ist Teil des Wettbewerbsprinzips und setzt voraus, dass die Bieter:innen ihre Angebote erstellen, ohne die Angebotsinhalte der Mitbietenden zu kennen. Wenn gegen den Geheimhaltungsgrundsatz verstoßen wird, entsteht dadurch in der Regel eine Wettbewerbsverzerrung, die andere Bieter:innen benachteiligt. Da das Vergaberecht einen fairen Wettbewerb garantieren möchte, schließt es solche Mehrfachbeteiligungen vom Vergabeverfahren aus.
Die folgende Tabelle stellt noch einmal dar, wann eine Mehrfachbeteiligung zulässig ist und wann nicht:
Mehrfachbeteiligung zulässig | Mehrfachbeteiligung unzulässig |
|---|---|
Teilnahme als Unterauftragnehmer:in, wenn Geheimhaltung gewahrt bleibt | Geheimhaltung bleibt nicht gewahrt |
Bieter:in nimmt als Teil einer Bietergemeinschaft und als Einzelbieter:in teil | |
Miteinander verbundene Konzerne treten jeweils als Einzelbieter:innen auf |
Rechtliche Beispiele
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigte sich mehrfach mit der Frage, ob verbundene Unternehmen jeweils ein eigenes Angebot für dasselbe Vergabeverfahren abgeben dürfen. Im Jahr 2022 beispielsweise legte das Bayerische Oberste Landesgericht dem EuGH einen Fall vor, bei dem es um die Vergabe von Busverkehrsdienstleistungen ging. Es hatten sowohl eine natürliche Person als auch eine Gesellschaft ein Angebot abgegeben, als deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter diese natürliche Person wirkte. Der Landkreis, der die Busverkehrsdienstleistungen ausgeschrieben hatte, schloß beide Bieter vom Vergabeverfahren aus und begründete dies mit dem angeblichen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln. Daraufhin legten beide Bieter erfolgreich Beschwerde vor der Vergabekammer Südbayern ein. Der Landkreis rief daraufhin das Bayerische Oberste Landesgericht an, welches sich an den EuGH wandte. Dieser legte dar, dass Bieter:innen nicht automatisch aufgrund einer Mehrfachbeteiligung ausgeschlossen werden dürfen. Die Vergabestelle ist jedoch dazu verpflichtet, in solchen Fällen die Angebote dahingehend zu überprüfen, ob wettbewerbsverzerrende Abreden getroffen wurden. Dabei müssen Bieter:innen die Möglichkeit haben, darzulegen, dass ihre Angebote unabhängig voneinander ausgearbeitet wurden.


