Vergaberecht & Krankenhauszukunftsgesetz: Das ist zu beachten
Die deutschen Krankenhäuser profitieren bisher eher wenig von den Vorteilen, die die Digitalisierung mit sich bringt. Das sollen das neue Krankenhauszukunftgesetz und ein gut gefüllter Fördertopf bald ändern.
Das Wichtigste zum Vergaberecht & Krankenhauszukunftsgesetz in Kürze
- Das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) stellt 4,3 Mrd. € Fördermittel für Digitalisierung und IT-Sicherheit bereit
- Vergaberecht gilt ab 100.000 € Zuwendung – für öffentliche immer, für private je nach Finanzierung und Landesrecht
- ANBest-P und UVgO-Regelungen unterscheiden sich je nach Bundesland
- Fehler im Vergabeverfahren können zu Rückforderungen der Fördermittel führen
- Förderung läuft bis 2025, Anschlussfinanzierung unklar

Wer in einem Krankenhaus behandelt wird, dessen Befund tragen die Ärztinnen und Ärzte nicht selten immer noch in Papierakten ein. Das ist leider mit ein paar Nachteilen verbunden: Die Informationen sind schwieriger auszuwerten, sie gehen schneller verloren und auch mit der Weitergabe kann es hapern. Gleichzeitig kommt es in Bereichen, in denen Digitalisierung schon umgesetzt wurde, manchmal zu Sicherheitsproblemen – etwa durch Cyberangriffe auf die IT der Notfallversorgung.
Leider fehlt jedoch vielen Krankenhäusern bisher das nötige Geld, um die Digitalisierung voranzubringen und die IT-Sicherheit zu erhöhen. Dies soll das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZ) ändern. Es bietet den Krankenhäusern die Möglichkeit, die Digitalisierungsmaßnahmen und die IT-Sicherheit fördern zu lassen. Diese Förderung ist eine tolle Chance, trotz Geldmangel wichtige Investitionen zu tätigen. Leider gibt es bei der Beantragung der Gelder einiges zu beachten. Wer hierbei Fehler macht, riskiert, die Fördermittel wieder zu verlieren.
Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollten sich Verantwortliche genauer mit dem KHZG beschäftigen. Bei KHZG-Ausschreibungen muss nämlich einiges beachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist das KHZG?
- Besteht eine Anwendungspflicht des Vergaberechts bei KHZG-Projekten?
- Öffentliche Krankenhäuser
- Krankenhäuser in privater Trägerschaft
- Die Bestimmungen der Länder (ANBest-P)
- Bedeutung des KHZG für Auftraggeber:innen
- Welche Vorgaben ergeben sich für Krankenhausträger aus dem Vergaberecht?
- Welche Probleme / Herausforderungen können auftreten?
- Fehler im Vergabeverfahren: Auswirkungen auf Fördermittel
- Fazit
Was ist das KHZG?
KHZG steht für Krankenhauszukunftsgesetz. Dieses wurde im Oktober 2021 erlassen, um die deutschen Krankenhäuser zukunftsfähiger zu machen. Das Gesetz soll die Digitalisierung in den Krankenhäusern voranbringen. Außerdem soll es die Notfallversorgung modernisieren. Hierfür und auch für die erforderlichen personellen Bedürfnisse werden vom Bund und von den Ländern Mittel aus einem Fördertopf bereitgestellt. Insgesamt stehen um die 4,3 Milliarden Euro bereit, die von den Ländern beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) beantragt werden können. Die Länder wiederum geben die bewilligten Fördermittel an die Krankenhäuser weiter.
Besteht eine Anwendungspflicht des Vergaberechts bei KHZG-Projekten?
Laut der KHZG-Förderrichtlinie müssen die jeweiligen Vorgaben, die sich aus dem Vergaberecht ergeben, auch bei KHZG-Ausschreibungen berücksichtigt werden. Krankenhausträger, denen eine Förderung für ein KHZG-Projekt bewilligt wurde, müssen in der Regel bei der Auftragsvergabe die landesspezifischen Allgemeinen Nebenbestimmungen Projekt (ANBest-P) beachten. Gemäß ANBest-P Nr. 3 muss immer dann das nationale Vergaberecht beachtet werden, wenn die Zuwendung 100.000 Euro übersteigt. Dies gilt sowohl für öffentliche Krankenhäuser als auch für private. In manchen Fällen findet auch das EU-Vergaberecht Anwendung.
Öffentliche Krankenhäuser
Für öffentliche Krankenhäuser bringen die Regelungen des Krankenhauszukunftsgesetzes keine Umstellung mit sich, weil sie sich ohnehin immer an das Vergaberecht halten müssen.
Sie gelten als öffentlich-rechtliche Auftraggeber:innen im Sinne des § 99 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) und müssen bei Beschaffungen, die oberhalb der EU-Schwellenwerte liegen, sowohl das GWB als auch die Vergabeverordnung (VgV) beachten. Sie müssen also bei KHZG-Ausschreibungen immer ein wettbewerbliches Verfahren gemäß dem GWB-Vergaberecht durchführen.
Wenn die vergebenden Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte bleiben, finden hingegen die folgenden Normen Anwendung:
- Die Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO)
- Landesspezifische Gesetze
- Landesspezifische Verordnungen
- Landesspezifische Verwaltungsvorschriften
Neben dem Vergaberecht müssen sie noch die Auflagen des Förderbescheides erfüllen. Diese Auflagen werden auch Zuwendungsrecht genannt und geben den Zweck vor, für den die Zuwendungen verwendet werden dürfen.
Krankenhäuser in privater Trägerschaft
Private Krankenhausträger müssen ihre Aufträge nicht gemäß dem Vergaberecht ausschreiben, weil sie nicht an das GWB-Vergaberecht gebunden sind. Dieses gilt nämlich nur für öffentliche Auftraggeber (§ 99 GWB). Es gibt allerdings eine Ausnahme: Wird ein privater Träger zu mehr als 50 % durch die öffentliche Hand finanziert, ist er an das Vergaberecht gebunden.
Dennoch kann es sein, dass auch private Krankenhausträger an das GWB-Vergaberecht gebunden sind. Dies ist immer dann der Fall, wenn die geltenden Bestimmungen (ANBest-P) des jeweiligen Landes dazu eine entsprechende Bestimmung enthalten.
Die Bestimmungen der Länder (ANBest-P)
Jedes Bundesland verfügt über eine eigene ANBest-P, die jeweils eigene Vorgaben und Schwellenwerte enthält. In vielen Ländern legt sie fest, dass die Empfänger:innen von Fördermitteln an das Vergaberecht gebunden sind. Damit ist meistens die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) gemeint, aber manchmal auch die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL). Manche Bundesländer wiederum lassen das Vergaberecht außen vor. Die Förderungsempfänger:innen müssen sich hier nur an einfache Vorgaben halten.
Hier muss das Vergaberecht beachtet werden
In den folgenden Ländern müssen neben den öffentlichen auch private Träger das Vergaberecht beachten:
- Bayern
- Berlin
- Hessen
- Baden-Württemberg
- Bremen
- Hamburg
- Niedersachsen
Die Details sind allerdings je nach Bundesland unterschiedlich. Jedes Land hat eine eigene ANBest-P, die sich von denen der anderen Länder unterscheiden kann. Manche stellen den Zuwendungswert in den Fokus. Sowohl Bayern als auch Berlin und Rheinland-Pfalz haben beispielsweise festgelegt, dass bei Zuwendungen, die mehr als 100.000 Euro betragen, die Bestimmungen der UVgO eingehalten werden müssen. In Brandenburg hingegen gilt dies bereits ab 50.000 Euro.
Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt hingegen orientieren sich am Auftragswert. Hier ist es egal, wie hoch die Gesamtsumme der Zuwendungen ist. Wichtig ist nur, wie hoch der Wert des zu vergebenden Auftrages ist. Wenn dieser die Marke von 100.000 Euro übersteigt, müssen die Bestimmungen UVgO eingehalten werden.
In manchen Bundesländern hingegen sind sowohl der Mindestzuwendungswert als auch der Mindestauftragswert maßgeblich. Wird hier jeweils eine bestimmte Marke erreicht, dürfen Aufträge nur gemäß der UVgO vergeben werden. Dies ist in drei Bundesländern der Fall:
- Bremen (Mindestzuwendungswert: 50.000 Euro; Mindestauftragswert:100.000)
- Hamburg (Mindestzuwendungswert: 50.000 Euro; Mindestauftragswert:100.000)
- Niedersachsen (Mindestzuwendungswert: 100.000 Euro; Mindestauftragswert:25.000)
Hier muss das Vergaberecht nicht beachtet werden
In anderen Bundesländern müssen sich private Krankenhausträger:innen nicht an die Bestimmungen der UVgO halten. Hier gilt stattdessen eine unmittelbare Vorgabe für die Vergabe von KHZG-Projekten: Es müssen mindestens drei Angebote eingeholt werden. In Thüringen und in Nordrhein-Westfalen ist dies bei jeder Auftragsvergabe der Fall. In anderen Bundesländern – Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein – ist das Einholen von mindestens drei Angeboten erforderlich, wenn der Auftragswert eine bestimmte Summe erreicht.
Was passiert, wenn das Vergaberecht ignoriert wird?
Angesichts des Aufwands sind vielleicht manche private Krankenhäuser versucht, das Vergaberecht links liegen zu lassen und Aufträge einfach so zu vergeben wie sonst auch. Das ist allerdings keine gute Idee: Wenn ein Träger seine Beschaffungsplanung nicht anhand der geltenden Regelungen vornimmt, riskiert er, dass ihm die KHZG-Zuwendungen gekürzt werden.
Bedeutung des KHZG für Auftraggeber:innen
Für Auftraggebende kann das Durchführen von KHZG-Projekten erst einmal einen gewissen Aufwand bedeuten. Die öffentlichen Krankenhausträger müssen ohnehin öffentlich ausschreiben, so dass das KHZG keine Neuerungen für sie mit sich bringt. Anders ist das bei privaten Krankenhausträgern. Sie müssen sich erstmal darüber informieren, welche Bestimmungen sie einhalten müssen. Gilt die UVgO oder sind die Bestimmungen der “Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P)” verpflichtend? Für jedes Bundesland gelten andere Regelungen. Besonders kompliziert wird es, wenn ein Krankenhausträger verschiedene Standorte in verschiedenen Bundesländern hat. Ein Digitalisierungsprojekt, das länderübergreifend in mehreren Kliniken angewendet werden soll, ist nicht so ohne weiteres umzusetzen.
Welche Vorgaben ergeben sich für Krankenhausträger aus dem Vergaberecht?
Das kommt darauf an, wer den Antrag stellt. Handelt es sich um einen öffentlichen Krankenhausträger oder um einen privaten? Öffentliche Krankenhausträger müssen bei Beschaffungen von Dienstleistungen, mit denen KHZG-Projekte umgesetzt werden sollen, ein wettbewerbliches Verfahren gemäß dem GWB-Vergaberecht durchführen. Private Krankenhausträger müssen zunächst einmal recherchieren, welche Vorgaben für sie gelten. Das ist je nach Bundesland unterschiedlich.
Welche Probleme / Herausforderungen können auftreten?
Für private Krankenhausträger ist die mit dem Krankenhauszukunftsgesetz einhergehende Verpflichtung, das Vergaberecht zu beachten, eine Herausforderung. Sie sind in der Regel nicht mit dem Vergaberecht vertraut und haben auch keine Vergabestelle, die sich hiermit auskennt. Das Fehlen einer Vergabestelle kann in Zusammenhang mit KHZG-Projekten zum Problem werden, weil die dazugehörigen Dienstleistungen durch ein förmliches Vergabeverfahren beschafft werden müssen. Sie müssen zum einen das nationale Vergaberecht beachten. Hierzu sind sie laut den “Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P)” verpflichtet. Darüber hinaus müssen sie die Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO) und die landesspezifischen Verwaltungsvorschriften einhalten. Letztere legen für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen fest, bis zu welchem Wert eine vereinfachte Vergabe durch einen Direktauftrag, eine Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb oder eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb möglich ist.
Wie geht es ab 2025 weiter?
Die Förderung läuft erst einmal nur bis 2025. Was danach geschieht, ist noch ungewiss. Die Kliniken wissen also aktuell nicht, ob sie auch danach noch mit Unterstützung für ihre Digitalisierungsprojekte rechnen können. Die laufenden Kosten, etwa für Lizenzen, laufen jedoch weiter. Dies kann für einige Krankenhausträger zu einer Herausforderung werden.
Fehler im Vergabeverfahren: Auswirkungen auf Fördermittel
Wenn Vergabestellen gegen die jeweils geltenden Bestimmungen verstoßen, kann es sein, dass die Förderung zurückgefordert wird. Darüber hinaus müssen sie den Behörden auch den entgangenen Zinsgewinn erstatten. Laut den ANBest-P der Länder dürfen die Behörden, welche die Zuwendungen durch einen Verwaltungsakt bewilligt haben, diesen widerrufen, wenn die Auflagen nicht erfüllt werden. Die jeweilige Behörde hat hier einen Ermessensspielraum, von dem sie Gebrauch machen kann. Sie darf die Zuwendung grundsätzlich bei jedem Verstoß gegen die Auflagen zurückverlangen, und zwar unabhängig von der Schwere.
Fazit
Das KHZG und die damit verbundenen Fördermittel sind gerade für Krankenhausträger, die nicht über hohe Rücklagen verfügen, eine Chance. So lassen sich trotz begrenzter finanzieller Mittel Digitalisierungsprojekte umsetzen. Gerade in der Gesundheitsbranche ist das Potential hoch: Dank Digitalisierung lassen sich analoge und störanfällige Abläufe optimieren, die IT-Sicherheit erhöhen und nicht zuletzt auch der Komfort für die Patientinnen und Patienten verbessern.