Bei einem Nachprüfungsverfahren gemäß § 169 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) kann der Zuschlag bis zum Ende der Beschwerdefrist nicht erteilt werden (sogenannter Suspensiveffekt). In bestimmten Ausnahmefällen, die in § 169 Abs. 2 GWB geregelt sind, können die Vergabekammern den Zuschlag jedoch vor Ablauf der Frist gestatten. Dazu muss der öffentliche Auftraggeber einen Antrag stellen.
Die Vorabentscheidung über den Zuschlag ist die ausnahmsweise Erteilung eines Zuschlags vor Ablauf der Beschwerdefrist in einem Nachprüfungsverfahren. Ergänzend zu dieser Definition zur Vorabentscheidung über den Zuschlag ist hinzuzufügen, dass die Regelungen zur Vorabentscheidung über den Zuschlag vom Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren losgelöst und mit eigenen Rechtsfolgen ausgestattet sind. Damit ist gewährleistet, dass im Falle eines Notstands eine vorzeitige Wiederherstellung der Vergabefreiheit durch den Auftraggeber besteht.
Auftraggeber können den Antrag auf Vorabgestattung des Zuschlags ab dem Zeitpunkt der Beschwerde bis zum Ende des Beschwerdeverfahrens einreichen.
In § 169 GWB werden die Bedingungen genannt, unter denen die Vergabekammern den Zuschlag und weiteren Fortgang der Vergabe gestatten dürfen. Dies ist der Fall, wenn die durch eine Verzögerung der Vergabe bedingten Nachteile die mit der Verzögerung verbundenen Vorteile überwiegen. Wörtlich heißt es: "(...) wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen."
Bei der Abwägung durch die Vergabekammern wird auch berücksichtigt, ob eine Vergabe an den Antragssteller dem Interesse der Allgemeinheit dient. Weiterhin müssen nach § 104 GWB bei Aufträgen im Bereich Verteidigung und Sicherheit spezifische Sicherheitsinteressen beachtet werden.
Bei der Entscheidung über die Vorabgestattung des Zuschlags berücksichtigen die Vergabekammern auch, wie günstig die allgemeinen Erfolgsaussichten für den Antragsteller sind, den Auftrag zu erhalten.
Der Antrag auf Vorabentscheidung über den Zuschlag muss schriftlich gestellt werden und eine Begründung enthalten. Der Grund für die besondere Eilbedürftigkeit des Antrags muss glaubhaft dargestellt werden.