Preisrecht bei öffentlichen Ausschreibungen

Das Preisrecht bildet die Rechtsgrundlage bei Preisprüfungen in öffentlichen Ausschreibungen. Es dient somit als Normkomplex, der die wichtigsten Regelungen zur Preisbildung enthält. Sollten die vereinbarten Preise von der Vergabestelle angezweifelt und einer Prüfung unterzogen werden, wird neben dem Preisrecht auch die Preisrechtsverordnung VO PR 30/53 genutzt.

Was ist das öffentliche Preisrecht?

Im Vergabeverfahren wird zwischen dem öffentlichen Auftraggeber oder der öffentlichen Auftraggeberin und dem Unternehmen, welches den Zuschlag erhält, neben der zu erbringenden Leistung auch ein Preis vereinbart. Dabei kann es passieren, dass der Preis angezweifelt und von der Bezirksregierung als Preisüberwachungsstelle einer Prüfung unterzogen wird. Bei dieser Prüfung wird sichergestellt, dass der Preis den Bestimmungen des Preisrechts nicht widerspricht. Es ist mit der Verordnung PR Nr. 30/53 und dem Preisgesetz beziehungsweise den Leitsätzen für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) verknüpft. Darin werden Höchstgrenzen festgelegt, die ein Auftragnehmer oder eine Auftragnehmerin maximal verlangen darf.

Der Nutzen des Preisrechts

In den Bereichen, in denen kein Wettbewerbsmarkt existiert, kommt es oftmals zu Komplikationen in der Preisbildung. Zum Schutze der Auftraggeberseite muss geprüft werden, ob der korrekte Preistyp vereinbart wurde. Liegt der Preis deutlich über dem marktgängigen Preis, kann das zum Beispiel dazu führen, dass der oder die Auftragnehmer:in am Ende einen Teil der Bezahlung zurückzahlen muss. Um solche Situationen zu vermeiden, wird das Preisrecht bereits beim Angebot herangezogen und dazu verwendet, ein Urteil über die Angemessenheit des Preises zu bilden. Dadurch wird versucht, den oder die öffentliche:n Auftraggeber:in vor überdurchschnittlich teuren Beschaffungen zu schützen, da es auch vermehrt Informationsasymmetrien zwischen der Bieter- und der Auftraggeberseite gibt. Gleichzeitig soll dadurch ein angemessener Preis für die Unternehmen gebildet werden. Letztlich dient das Preisrecht allgemein der Wirtschaftsförderung.

Anwendungsbereich des Preisrechts

Es gibt Märkte, in denen kein wirklicher Wettbewerb existiert. Dort ist es also für öffentliche Auftraggeber:innen nicht völlig unkompliziert möglich, mit ihrem Auftragnehmer oder ihrer Auftragnehmerin Marktpreise zu vereinbaren. Oftmals liegt das daran, dass dort keine marktgängigen oder marktüblichen Preise geschätzt werden können. Darunter versteht man die Preise, die der oder die Auftragnehmer:in regelmäßig in dieser Höhe bei ähnlichen Ausschreibungen erzielt. Dies ist besonders oft bei Dienstleistungen der Fall. Auch bei der freihändigen Vergabe besteht die Gefahr eines unangemessenen Preises.

Unterschiedliche Preistypen im Preisrecht

Im Preisrecht differenziert man zwischen Marktpreisen und Selbstkostenpreisen. Gemäß der Preisrechtsverordnung sind die Selbstkostenpreise jedoch nur von nachrangiger Bedeutung und werden nur in Einzelfällen herangezogen. Im Fokus stehen die Marktpreise.

Marktpreise ergeben sich im Marktgleichgewicht, also wenn Angebot und Nachfrage aufeinander treffen. Sie können aus dem Betrag abgeleitet werden, den der oder die Anbieter:in der Leistung üblicherweise am Markt erhalten würde. Dabei unterscheidet das Preisrecht auch zwei Formen des Marktes. Auf dem allgemeinen Markt werden Leistungen des allgemeinen Bedarfs beschafft und angeboten. Der oder die öffentliche Auftraggeber:in darf dort nicht schlechter positioniert werden, als private Auftraggeber:innen. Demgegenüber steht der besondere Markt, der sich mit den Ausschreibungen im öffentlichen Vergaberecht beschäftigt. Anbieter:innen und Nachfrager:innen werden hier künstlich, im Rahmen eines Vergabeverfahrens, zusammengebracht. Dabei muss ein Wettbewerb entstehen, bei dem Anbieter:innen um die identischen Leistungsanforderungen konkurrieren. Die Folge daraus ist die Notwendigkeit einer detaillierten Leistungsbeschreibung, die sich als schwierig herausstellen kann.
Auch die Selbstkostenpreise werden in unterschiedliche Kategorien unterteilt:

  1. Die erste Kategorie ist der Selbstkostenfestpreis. Für den Fall, dass es keinen ermittelbaren Marktpreis gibt und es genügend Kalkulationsgrundlagen gibt, kann der Selbstkostenpreis dann anhand von Vorkalkulationen ermittelt werden.
  2. Der Selbstkostenrichtpreis ist ein vorläufiger Preis, der angenommen wird, wenn nicht genügend Kalkulationsgrundlagen für den Selbstkostenfestpreis bestehen, diese aber noch erwartet werden können. Wenn sich die Überschaubarkeit der Kosten ändert, wird dieser dann in einen der anderen Preistypen umgewandelt. Man bezeichnet ihn demnach als eine Art Mittelweg zwischen dem Selbstkostenfestpreis und -erstattungspreis, der nicht von Dauer ist.
  3. Der letzte Preistyp ist der Selbstkostenerstattungspreis, der als Alternative angewendet wird, wenn der Selbstkostenfestpreis nicht ermittelt werden kann, da die Informationen zur Kalkulation fehlen. Er basiert auf einer Nachkalkulation und ist neben dem Selbstkostenfestpreis demnach die zweite Alternative, in der ein Selbstkostenrichtpreis enden kann.

Kritische Aspekte des Preisrechts

In Verbindung mit dem Preisrecht wurden einige Kritikpunkte geäußert. Auch wenn ein Verzicht auf das Preisrecht und besonders die Preisrechtsverordnung nicht zur Debatte steht, gab beziehungsweise gibt es erneuerungsbedürftige Aspekte. 2022 trat eine Novellierung des Gesetzes von 1953 in Kraft. Ein noch immer bestehender Kritikpunkt ist aber, dass die Verordnung zum Preisrecht von vielen Auftraggeber:innen kaum beachtet würde, da sie über zu wenig Kenntnisse dazu verfügen. Außerdem kritisieren einige, dass die Prüfung der Preise wegen Personalmangel zu spät vorgenommen werde. Dadurch entstehen für das Unternehmen Nachweisschwierigkeiten. Einige Kritiker:innen schlagen vor, dass man auf die Preisprüfung verzichten könnte, wenn sich der Preis in einem rechtlichen und wettbewerblichen Vergabeverfahren korrekt gebildet hat. Dieser Vorschlag wurde bei der Reform jedoch nicht aufgenommen.

Die Reform des Preisrechts

Im Jahr 2021 hat es zuletzt Änderungen an der Verordnung gegeben, die aufgrund einiger zuvor abgegebener Stellungnahmen entwickelt wurden. Am 01.04.2022 ist sie schließlich in Kraft getreten. Im Wesentlichen wurden Änderungen zu § 4 VO PR 30/53, den Preisen für marktgängige Leistungen, vorgenommen. In den Absätzen zwei bis vier wird nun genauer erläutert, was man unter den Begriffen „marktgängige Leistung'' und „verkehrsüblicher Preis'' versteht. Besonders der vierte Absatz zeigt eine Neuerung, die beschreibt, wie der verkehrsübliche Preis auf einem besonderen Markt ermittelt werden kann, wenn die Ermittlung auf dem allgemeinen Markt nicht möglich ist. Er gilt dann als verkehrsüblich, wenn er sich aus den Wettbewerbsbedingungen herausgebildet hat. Dadurch erhöht sich die Chance für öffentliche Auftraggeber:innen, dass sie keine Preisprüfung benötigen, wenn mindestens zwei geeignete Angebote abgegeben worden sind.

Auch im § 9 VO PR 30/53 gab es Änderungen: beispielsweise wurde die Mindestaufbewahrungsfrist für die Unterlagen der Preisprüfung von fünf auf zehn Jahre erhöht. Außerdem ist es den Prüfer:innen nun gestattet, Fotokopien, Ausdrucke, fotografische Abbildungen und elektronische Dateien zu erstellen. Zudem dürfen nach Absatz fünf die Kosten der Bieter:innen von einem oder einer Prüfer:in geschätzt werden, wenn diese nicht berechenbar sind. Dabei ist sogar eine Schätzung von null Euro möglich.

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