Das Vergaberecht oberhalb der EU-Schwellenwerte wird auch EU-Vergaberecht oder Kartellvergaberecht genannt. Die letztere Bezeichnung beruht darauf, dass das EU-Vergaberecht den freien Wettbewerb im Binnenmarkt der Europäischen Union sicherstellen soll. In Deutschland drückt sich dies im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) aus. Kartell wird hier als Kurzbegriff für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen benutzt.
Erklärung zu Kartellvergaberecht: Der Wettbewerb soll auf vier Grundfreiheiten beruhen: Personenfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit, freier Warenverkehr und freier Kapital- und Zahlungsverkehr. Nach GWB sind aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen und Vereinbarungen zwischen Unternehmen verboten, die eine Verfälschung oder Einschränkung des Wettbewerbs bezwecken.
Nationales Vergabe- und EU-Kartellrecht haben zwar unterschiedliche Schutzschwerpunkte (Vergaberecht: Schutz der Wettbewerber; Kartellrecht: Schutz des Wettbewerbs) und unterschiedliche Adressaten (Vergaberecht: nur öffentliche Auftraggeber; Kartellrecht: alle Marktteilnehmer mit Marktmacht). Die Aufnahme des Vergaberechts in das GWB zeigt jedoch den Stellenwert, der dem Wettbewerbsprinzip auch für dieses Rechtsgebiet eingeräumt wird.
Im EU-Vergaberecht steht damit nicht die sparsame Mittelverwendung im Vordergrund. Günstige Angebote sollen sich als Nebeneffekt eines gesicherten freien Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt ohne monopolistische Strukturen und Angebotskartelle ergeben.