Am Leistungsort hat der oder die Schuldner:in seine beziehungsweise ihre Leistung vorzunehmen. Der oder die Schuldner:in der Leistung wird nur dann von der Schuld frei, wenn die Leistungshandlung am richtigen Ort erbracht wird. Schuldner:in und Gläubiger:in können den Leistungsort abweichend bestimmen. Sofern nicht anders vereinbart, ist der Leistungsort der Wohnsitz des Schuldners beziehungsweise der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses (§ 269 Abs. 1 BGB). Gemäß der Leistungsort-Definition in § 269 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) kann dies auch die Niederlassung eines Gewerbebetriebs sein, sofern dort die Verbindlichkeit eingegangen wurde. Der Ort von Leistung und Gegenleistung kann unabhängig und eigenständig voneinander bestimmt werden.
Bei gegenseitigen Verträgen entstehen wechselseitige Leistungen (z. B. Lieferung eines Fahrzeugs und Zahlung des Kaufpreises). Der Leistungsort richtet sich nach den Wohnsitzen der Vertragsparteien (BGH, 24. Januar 2007, XII ZR 168/04, Tz. 12).
Beispiel: Mit einem gegenseitigen Vertrag wird ein Neuwagen verkauft. Ein Ort für die Erbringung der Leistung wurde nicht ausdrücklich vereinbart. Somit hat der oder die Verkäufer:in nach der Leistungsort-Definition in § 269 Abs. 1 BGB die Sachlieferung in seinem Gewerbebetrieb bereitzustellen. Der oder die Käufer:in muss die Leistung dort abholen (Holschuld). Der Kaufpreis ist am Wohnsitz des Käufers beziehungsweise der Käuferin zu zahlen (§ 270 Abs. 4 BGB i.V.m. § 269 BGB). Ohne gesonderte Vereinbarung der Parteien greift die gesetzliche Leistungsort Definition und der oder die Käufer:in hat von seinem beziehungsweise ihrem Wohnsitz aus den Kaufpreis an den oder die Verkäufer:in zu übermitteln ("im Zweifel" in § 270 BGB).
Der Leistungsort wird auch als Erfüllungsort bezeichnet (§ 447, § 644 BGB und § 29 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Der Erfüllungsort ist der Ort, an dem der oder die Schuldner:in seine oder ihre Leistungshandlung vorzunehmen hat.
Zu unterscheiden sind:
Die Leistungshandlung in § 269 BGB ist vom Leistungserfolg zu unterscheiden. Die Leistungshandlung ist zweckgerichtet und zielt auf die Herbeiführung eines bestimmten Leistungserfolgs. Der Leistungserfolg nach § 362 BGB tritt am Erfolgsort ein. Ort der Leistungshandlung und der Ort des Leistungserfolgs können auseinanderfallen.
Der Kunde beziehungsweise die Kundin bestellt Bücher im Internet. Der Ort der Leistungshandlung und des Leistungserfolgs fallen auseinander. Der oder die Verkäufer:in versendet die Ware (Leistungshandlung), die Eigentumsübertragung (Ort des Leistungserfolgs) liegt beim Käufer beziheungsweise der Käuferin.
Der Kunde beziehungsweise die Kundin kauft Bücher in der örtlichen Buchhandlung. Beim Barzahlungskauf liegen der Ort der Leistungshandlung und des Leistungserfolgs beim Verkäufer beziehungsweise der Verkäuferin.
Weicht der Leistungsort von der gesetzlichen Regelung ab, handelt es sich in der Regel um eine Bringschuld. Die Leistung muss am Ort des Käufers erbracht werden. Kauft der Kunde einen Neuwagen und enthält der Vertrag eine entsprechende Klausel (z. B. "Leistungsort ist der Wohnort des Käufers"), dann muss der Verkäufer dort seine Leistung erfüllen und das Fahrzeug beim Käufer abstellen. Vereinbart werden können abweichende Leistungsorte auch für Schickschulden und Holschulden.
Die im BGB geregelte Leistungsort Definition gilt nur dann, wenn:
Warenschulden sind in der Regel Holschulden (natürlicher Leistungsort).
Der oder die Schuldner:in muss die Leistung grundsätzlich an dem Ort erbringen, an dem er zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz bzw. seine gewerbliche Niederlassung unterhält (Leistungsort Definition in § 269 BGB). Die Natur des Schuldverhältnisses kann jedoch einen anderen Leistungsort bestimmen. Nach § 269 Abs. 1 BGB kann der Ort der Leistung durch die Natur der Sache bestimmt sein.
Bei Holschulden liegt der Leistungsort beim Schuldner oder der Schuldnerin. Leistungshandlung und Leistungserfolg treten am Wohnsitz/Niederlassung des Schuldners beziehungsweise der Schuldnerin ein. Warenschulden sind in der Regel Holschulden.
Bei Bringschulden liegt der Leistungsort beim Gläubiger oder der Gläubigerin. Der Schuldner oder die Schuldnerin muss dort die Leistungshandlung vornehmen, auch der Leistungserfolg tritt dort ein.
Bei Schickschulden liegt der Leistungsort beim Schuldner beziehungsweise bei der Schuldnerin, denn die Leistungshandlung erfolgt dort. Der Leistungserfolg tritt beim Gläubiger oder bei der Gläubigerin ein. Bei der Schickschuld fallen die Orte des Leistungserfolgs und der Leistungshandlung auseinander. Geldschulden sind nach § 270 BGB grundsätzlich Schickschulden, auch Bringschulden genannt. Beispiel: Online-Shopping.
Sofern nicht anders vereinbart, ist der Ort des zuständigen Gerichts (Gerichtsstand) dort, wo die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist (§ 29 ZPO). Die häufig verwendete Klausel "Erfüllungsort und Gerichtsstand ist für beide Teile die Niederlassung des Lieferers" ist nur wirksam, wenn sie unter Kaufleuten vereinbart wurde (Änderung des § 29 ZPO). Ist eine Vertragspartei kein Kaufmann beziehungsweise keine Kauffrau nach BGB oder HGB, ist die Klausel nichtig.