Kündigung: Hire and Fire in Kleinbetrieben?
Kleinbetriebe können sich einfacher als Großbetriebe von ihren Mitarbeitenden trennen. Doch auch hier ist ein Rauswurf in vielen Fällen nicht möglich.
Das Wichtigste zum Kündigungsschutz in Kleinbetrieben in Kürze
- Kleinbetrieb = regelmäßig max. 10 Mitarbeitende (Teilzeitkräfte anteilig gezählt)
- Kündigungsschutzgesetz greift dort nur eingeschränkt – Kündigung ohne Grund möglich
- Sonderkündigungsschutz gilt trotzdem: z. B. für Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsräte, Azubis
- Kündigung darf nicht diskriminierend, sittenwidrig oder aus Rache erfolgen (§ 612a, § 242 BGB)
- Gesetzliche Kündigungsfristen nach § 622 BGB beachten, sie verlängern sich mit Betriebszugehörigkeit
- Kündigung muss immer schriftlich erfolgen, mit Unterschrift einer kündigungsberechtigten Person

Aus den unterschiedlichsten Gründen kann es vorkommen, dass ein Betrieb und einzelne Mitarbeitende nicht zusammenpassen. Darunter leiden dann die Arbeit und das Betriebsklima – verständlich, dass viele Betriebe in so einem Fall die Reißleine ziehen wollen. Doch Mitarbeitenden zu kündigen ist dank des Kündigungsschutzgesetzes keine einfache Angelegenheit. Es regelt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die seit mehr als sechs Monaten in einem Betrieb arbeiten, nur dann gekündigt werden können, wenn personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe vorgewiesen werden können. Doch der gesetzliche Kündigungsschutz greift vollumfänglich erst in Betrieben mit mindestens zehn Angestellten. Für Kleinbetriebe gelten weite Teile des Kündigungsschutzes nicht. Sie können sich ohne Angaben von Gründen von ihren Mitarbeitenden trennen.
Das große Zählen: Sind wir ein Kleinbetrieb?
Wenn in einem Betrieb zehn oder weniger Mitarbeitende tätig sind, handelt es sich um einen Kleinbetrieb. Hier kommen wir zum ersten Problem: Es ist erstmal zu klären, wie viele Leute im Betrieb arbeiten. Gibt es nur Vollzeitbeschäftigte, ist das einfach zu ermitteln. Schwieriger wird es, wenn einzelne oder alle Mitarbeiter:innen in Teilzeit tätig sind. Hier muss anhand der Wochenarbeitszeit genau nachgerechnet werden:
- Ein:e Vollzeitarbeitnehmer:in zählt als 1 Mitarbeiter:in
- Ein:e Teilzeitbeschäftigter:in mit max. 20h die Woche zählt als 0,5 Mitarbeiter:in
- Ein:e Teilzeitbeschäftigter:in mit 20 – 30h die Woche zählt als 0,75 Mitarbeiter
- Ein:e Teilzeitbeschäftigter:in mit 30 – 40h die Woche zählt als 1 Mitarbeiter:in
Viele vergessen, dass auch Mitarbeiter:innen berücksichtigt werden müssen, die gerade nicht im Betrieb anwesend sind. Folgende Beispiele kommen häufig vor:
- Wehr- und Zivildienstleistende
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Eltern- oder Pflegezeit
- Frauen in Mutterschutzfristen
Wenn Betriebe für diese Mitarbeitenden einen Ersatz eingestellt haben, muss der Arbeitsplatz nur einmal gezählt werden.
Es gibt auch Beschäftigte, die nicht mitgezählt werden:
- Auszubildende
- Praktikantinnen und Praktikanten
- Geschäftsführer:innen
Beispiel
Die Schreinerei Holzmann beschäftigt elf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Hiervon arbeiten fünf in Vollzeit, während die anderen Ihrer Beschäftigung in Teilzeit, mit jeweils zwanzig Stunden, nachgehen. Die Berechnung sieht hier folgendermaßen aus:
Die fünf Vollzeitbeschäftigten werden jeweils einmal gezählt, die sechs Teilzeitbeschäftigten zur Hälfte. Das ergibt insgesamt acht Mitarbeiter:innen. Die Schreinerei Holzmann gilt demnach als Kleinbetrieb.
Wann eine Kündigung nicht ausgesprochen werden darf
Auch Kleinbetriebe dürfen nicht kündigen, wie es ihnen beliebt, denn auch hier gibt es einen Kündigungsschutz. Zu beachten sind die folgenden Punkte.
Sonderkündigungsschutz in Kleinunternehmen
Bestimmten Personengruppen darf selbst in Kleinbetrieben nicht gekündigt werden:
- Menschen mit einer schweren Behinderung.
- Auszubildenden, die ihre Probezeit erfolgreich hinter sich gebracht haben, darf laut § 22 Berufsbildungsgesetz (BBiG) nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden.
- Auch Schwangeren und Müttern bis zu vier Monaten nach der Entbindung wurde ein hoher Kündigungsschutz gewährt.
- Engagieren sich Mitarbeitende im Betriebsrat, darf ihnen nicht gekündigt werden.
- Wenn ein Arbeitsverhältnis befristet ist, kann seitens des Arbeitgebenden nicht ordentlich gekündigt werden – außer wenn es im Vertrag anders geregelt wurde.
Maßregelverbot nach § 612 a BGB
Wenn Arbeitnehmende ihre Rechte wahrnehmen, darf dies kein Grund für eine Kündigung sein. Wenn sich jemand beispielsweise im Betriebsrat engagiert, dürfen Arbeitgebende das nicht durch eine Kündigung abstrafen.
Grundsatz von „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB)
Auch der Grundsatz von “Treu und Glauben” muss gewahrt werden. Alle Betriebe müssen bei Kündigungen ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme walten lassen. Das heißt, dass sie soziale Aspekte wie Unterhaltspflichten, Alter oder Dauer des Arbeitsverhältnisses berücksichtigen müssen. Das kann in der Praxis so aussehen:
Eine Schreinerei muss sich aus wirtschaftlichen Gründen von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter trennen. Mitarbeiterin A ist verheiratet und hat zwei Kinder. Mitarbeiterin B ist Mitte zwanzig, ledig und ohne Kinder. Hier muss der Mitarbeiterin B als Erstes gekündigt werden.
Diskriminierungsverbot
Weder größere Unternehmen noch Kleinbetriebe dürfen ihren Mitarbeitenden aus Gründen der ‘Rasse’, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität eine Kündigung aussprechen.
Verbot der Sittenwidrigkeit
Wenn einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter aufgrund von sittenwidrigen Motiven gekündigt wird, dann ist diese Kündigung unwirksam. Sittenwidrig ist zum Beispiel Rachsucht.
Wie lang ist die Kündigungsfrist in Kleinbetrieben?
Manchmal liegen vertraglich oder tariflich festgesetzte Kündigungsfristen vor. Wenn dies nicht der Fall ist, finden die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB Anwendung.
Während der Probezeit darf Arbeitnehmenden mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Anschließend dürfen sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgebende mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende des Kalendermonats kündigen. Doch wenn jemand schon länger im Betrieb ist, verlängert sich auch die Kündigungsfrist:
Betriebszugehörigkeit | Kündigungsfrist |
---|---|
Zwei Jahre | Ein Monat zum Monatsende |
Fünf Jahre | Zwei Monate zum Monatsende |
Acht Jahre | Drei Monate zum Monatsende |
Zehn Jahre | Vier Monate zum Monatsende |
Zwölf Jahre | Fünf Monate zum Monatsende |
Fünfzehn Jahre | Sechs Monate zum Monatsende |
Zwanzig Jahre | Sieben Monate zum Monatsende |
Welche Formalitäten müssen eingehalten werden?
Bestimmte Formvorschriften müssen bei jeder Kündigung eingehalten werden. Dabei ist es egal, ob es sich um ein größeres Unternehmen oder um einen Kleinbetrieb handelt.
- Eine mündliche Kündigung ist unwirksam. Arbeitgebende müssen laut § 623 BGB immer schriftlich kündigen.
- Eine Mail oder ein Fax reichen nicht. Die Kündigung muss entweder auf dem Postweg zugestellt oder persönlich überreicht werden.
- Das Kündigungsschreiben bedarf einer eigenhändigen Unterschrift. Es darf allerdings nicht von einem beliebigen Mitarbeitenden unterzeichnet werden, sondern von einer Person, die dazu berechtigt ist, Kündigungen auszusprechen. In Kleinbetrieben ist dies meist die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer.
- Das Kündigungsschreiben muss dem Arbeitnehmenden ordnungsgemäß zugehen. Davon ist auszugehen, wenn sie in den Briefkasten eingeworfen wurde, weil die Person dann die Möglichkeit hatte, diesen zu lesen.
Das Wichtigste im Überblick
- Ein Betrieb ist immer dann ein Kleinbetrieb, wenn dort regelmäßig höchstens zehn Personen arbeiten.
- Wenn ein Kleinbetrieb einem seiner Arbeitnehmenden kündigen möchte, kann er die meisten Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes außer Acht lassen. Demzufolge können Kleinbetriebe leichter Kündigungen aussprechen als größere Betriebe.
- Doch auch in Kleinbetrieben sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschützt vor willkürlichen und unüberlegten Kündigungen. Darüber hinaus gilt ein besonderer Kündigungsschutz für Schwangere, Betriebsräte und Auszubildende.
- Auch in Kleinbetrieben müssen Kündigungsfristen eingehalten werden. Fristlos kann nur in Ausnahmefällen gekündigt werden.