Ein Jahr Ersatzbaustoffverordnung – Schluss mit dem ganzen Abfall?
Bereits 2017 erschien der erste Entwurf zur Mantelverordnung. Nach jahrelangen Diskussionen ist die bundeseinheitliche Verordnung 2023 endlich in Kraft getreten. Das Ziel: Bauabfälle reduzieren, Recyclingbaustoffe fördern und Boden und Grundwasser schützen. Wir haben für Sie zusammengefasst, was genau durch die Ersatzbaustoffverordnung geregelt wird und wer davon betroffen ist.
Das Wichtigste zu einem Jahr Ersatzbaustoffverordnung in Kürze
- Seit 01.08.2023 bundeseinheitliche Regeln für den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in technische Bauwerke, Ziel sind weniger Bauabfälle, mehr Recycling, besserer Boden- und Grundwasserschutz, der Hochbau ist meist nur am Rand betroffen
- Einheitliche Grenz- und Materialwerte mit Güteüberwachung und Klassifizierung, Einbaubedingungen abhängig von Bodenart und Sickerstrecke, weniger Einzelgenehmigungen, aber weiterhin Länderöffnungsklausel mit Ausnahmen wie in Bayern
- Betroffen sind Hersteller und Inverkehrbringer, Tief- und Straßenbau, Planungsbüros, Labore und Behörden
- Praxisfeedback nach einem Jahr gemischt, teils deutlicher Nachfragerückgang und mehr Bürokratie, hoher Aufwand durch Säulenversuch statt Schüttelversuch, Gefahr steigender Deponierung und Doppelanalysen bei unklarem Entsorgungsweg
- Empfehlung für Unternehmen, Schulungen und klare interne Workflows aufsetzen, Einsatzfelder und Materialklassen früh planen, Recyclingpotenziale mit Urban Mining und Cradle to Cradle heben
- Ausblick, Politik und Verwaltung sollen Rechtslücken schließen und Aufwand senken, NRW prüft bis 2025 mit Monitoring, eine belastbare Gesetzesfolgenabschätzung wird gefordert
Bei dem Bau von Straßen, Gebäuden oder anderen technischen Bauwerken fallen regelmäßig mehrere Millionen Tonnen Abfall an. Besonders betroffen sind mineralische Abfälle, wie Bauschutt, Schlacken und Aschen, Bodenmaterial oder Baggergut, die durch Bau- und Abbrucharbeiten entstehen. Einige dieser Stoffe können im Anschluss recycelt und wiederverwendet werden. Die neue Ersatzbaustoffverordnung (EBV) regelt die Einsatzmöglichkeiten dieser Recyclingbaustoffe und versucht so Mensch und Umwelt zu schützen, ebenso wie die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Dies wird zum Beispiel auch durch den Cradle-to-Cradle Ansatz verfolgt, mithilfe dessen Produktmaterialien auch nach Gebrauch noch weiterverwendet werden können. Lange Zeit wurden die Vorschläge zur neuen Verordnung kritisiert und abgelehnt. Doch im Juni 2021 wurden schließlich die neuen Regelungen verabschiedet, die nun von zahlreichen Unternehmen einzuhalten sind. Welche Änderungen ergeben sich daraus und was lässt sich ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung in der Praxis feststellen?
Inhaltsverzeichnis
- Was genau ist die Ersatzbaustoffverordnung und was regelt sie?
- Welche Änderungen ergeben sich durch die Ersatzbaustoffverordnung?
- Welche Ziele werden mit der Ersatzbaustoffverordnung verfolgt?
- Wen betrifft die EBV?
- Empfehlung für Unternehmen
- 1 Jahr später: Was sagen die Unternehmen zur neuen Ersatzbaustoffverordnung?
Was genau ist die Ersatzbaustoffverordnung und was regelt sie?
Die Ersatzbaustoffverordnung – kurz EBV – ist der Kern der Mantelverordnung, die Mitte 2021 verabschiedet wurde und am 1. August 2023 in Kraft getreten ist. Genauer ausgedrückt, handelt es sich dabei um ein Verordnungspaket. Darin enthalten sind folgende Verordnungen:
- Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung
- Neufassung der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV)
- Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung
Im Rahmen dieser neuen Verordnung werden bundeseinheitliche Anforderungen an den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen (MEB) in technische Bauwerke festgelegt. Dies bezieht sich insbesondere auf den klassischen Tief- und Straßenbau - der Hochbau wiederum ist von der Verordnung nur in Ausnahmefällen betroffen. Außerdem enthält diese strengere Vorgaben für Gebiete, in denen die Hintergrundwerte im Grundwasser oder die Feststoffwerte des Bodens die festgelegten Materialwerte überschreiten, um so den Bodenschutz stärker zu fördern beziehungsweise schädliche Bodenveränderungen zu vermeiden. Die Einsatzmöglichkeiten von Ersatzbaustoffen auf oder in einer durchwurzelbaren Bodenschicht, auch im Zusammenhang mit technischen Bauwerken, fallen jedoch nicht in den Anwendungsbereich der EBV. Stattdessen wird dies durch die Inhalte der BBodSchV geregelt. So sollen Boden und Grundwasser noch besser geschützt werden. Für Verfüllungen von Abgrabungen, die bereits vor dem 16.07.2021 zugelassen wurden, gilt die neue Verordnung erst nach einer Übergangsfrist ab dem 01.08.2031.
Wann sind die Regelungen der EBV zu berücksichtigen?
Die Verordnung zum Einbau mineralischer Baustoffe in technische Bauwerke findet nur dann Anwendung, wenn mineralische Abfälle oder Nebenprodukte anfallen, diese den in § 2 Nr.18 bis 33 der EBV genannten Stoffen zugeordnet werden können und in technische Bauwerke eingebaut werden sollen.
Wann sind die Regelungen der EBV nicht zu berücksichtigen?
Sie gilt wiederum nicht für Bodenschätze wie Minerale, Steine oder Kiese die in Trocken- oder Nassabgrabungen sowie Tagebauen und Brüchen gewonnen werden. Auch das Einbringen mineralischer Ersatzbaustoffe in einer durchwurzelbaren Bodenschicht unterliegt nicht den Anforderungen der EBV. Lediglich die Einsatzmöglichkeiten von Ersatzbaustoffen unter- oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht in einem technischen Bauwerk fallen in den Anwendungsbereich der BBodSchV, die mit der neuen Mantelverordnung ebenfalls überarbeitet wurde. Darüber hinaus gelten die Bestimmungen der EBV nicht für die Zwischen- oder Umlagerung mineralischer Ersatzbaustoffe. § 1 Abs. 2 Nr. 3 EBV konkretisiert dies als Zwischen- oder Umlagerung im Rahmen der Errichtung, der Änderung oder der Unterhaltung von baulichen und betrieblichen Anlagen, im Tagebau sowie im Rahmen der Sanierung einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast.
Wie definiert die EBV mineralische Ersatzbaustoffe?
Die Vorgaben der EBV betreffen neben den Bauabfällen auch Recycling-Baustoffe aus Bau- und Abbruchabfällen. Gemäß § 2 EBV der Ersatzbaustoffverordnung existieren folgende Voraussetzungen für die Definition von Ersatzbaustoffen. Es handelt sich dabei um mineralische Baustoffe, die
- als Abfall oder Nebenprodukt in Aufbereitungsanlagen hergestellt werden beziehungsweise bei Baumaßnahmen wie Abriss, Umbau, Rückbau, Ausbau, Neubau oder Erhaltung anfallen und
- direkt oder nach einer Aufbereitung für den Einbau in technische Bauwerke geeignet und bestimmt sind.
Außerdem besagt die neue Verordnung, dass die Materialien direkt oder nach einer Aufbereitung zu den folgenden Stoffen gehören müssen:
- Hochofenstückschlacke
- Hüttensand
- Stahlwerksschlacke
- Gießerei-Kupolofenschlacke
- Kupferhüttenmaterial
- Gießereirestsand
- Schmelzkammergranulat aus der Schmelzfeuerung
- Steinkohlenkesselasche
- Steinkohlenflugasche
- Hausmüllverbrennungsasche
- Recycling-Baustoff
- Baggergut
- Gleisschotter
- Ziegelmaterial
- Bodenmaterial
Als technisches Bauwerk im Sinne der neuen Verordnung zählen Anlagen, die mit dem Boden verbunden sind. Das können sowohl Straßen, Schienenverkehrswege und Parkplätze, als auch Baugruben, Lagerflächen oder Lärm- und Sichtschutzwälle sein.
Welche Änderungen ergeben sich durch die Ersatzbaustoffverordnung?
Mit Inkrafttreten der neuen Mantelverordnung gelten erstmals bundeseinheitliche Richtlinien, die die Herstellung und den Einbau mineralischer Baustoffe in technischen Bauwerken betreffen. Zuvor hat jedes Bundesland selbst die Entscheidung darüber getroffen. Doch mit dieser einheitlichen Verordnung soll für mehr Rechtssicherheit gesorgt werden. Während zuvor also jeder Einbau von Ersatzbaustoffen einzeln betrachtet wurde, ist eine individuelle Genehmigung nun nicht mehr erforderlich, solange dabei die Vorgaben der EBV eingehalten werden.
Generell besagt die neue Verordnung, dass Bauherr:innen mineralische Ersatzbaustoffe nur dann in technische Bauwerke einbauen dürfen, wenn schädliche Bodenveränderungen oder negative Auswirkungen auf die Grundwasserbeschaffenheit ausgeschlossen sind. Dafür gibt sie neue Grenzwerte für Baustoffe und Materialklassen bezüglich verschiedener Schadstoffe vor. So muss der Einbau von MEB beispielsweise oberhalb der Grundwasserschicht erfolgen, die sowohl natürlich vorhanden als auch künstlich hergestellt werden kann und zu den Hauptgruppen Sand, Lehm, Schluff oder Ton gehören muss. Bei der Bewertung unterscheidet man verschiedene Klassen - während Lehm also feinkörnig ist, zählt Sand zu den grobkörnigen Bodenarten. Wie gut die Eigenschaften einer Grundwasserschicht sind, hängt dann von den Klassen der Recycling-Baustoffe und des Bodenmaterials sowie der Sickerstrecke ab. Eine Sickerstrecke von circa einem Meter gilt nach § 19 Abs. 8 EBV beispielsweise als günstige Eigenschaft.
Hersteller:innen sind dazu verpflichtet, die Einhaltung dieser Grenzwerte zu überwachen und zu gewährleisten. Um diese Einhaltung sicherzustellen, wurde eine Untersuchungspflicht in Form einer Güteüberwachung nach § 10 EBV eingeführt. Neben Eignungsnachweisen umfasst die Untersuchung regelmäßige Produktionskontrollen und Fremdüberwachungen, mit denen eine Überschreitung der Materialwerte verhindert werden kann. In Anlage 5 der EBV werden zudem die verschiedenen Bestimmungsverfahren zur Prüfung der Eignung und Qualität von MEB näher beschrieben. Nach § 11 EBV ist der oder die Betreiber:in der Anlage anschließend dazu verpflichtet eine Klassifizierung des jeweiligen Ersatzbaustoffes vorzunehmen. Diese Klassifizierung muss unverzüglich nach der Bewertung der Untersuchungsergebnisse erfolgen. Zudem wurde der bürokratische Aufwand für die Behörden und die Unternehmen reduziert, indem durch das Inkrafttreten der EBV nur noch eine befristete Dokumentation des Einbaus notwendig und diese den Behörden nur auf Verlangen vorzulegen ist.
Darüber hinaus schließt die Mantelverordnung auch eine Neufassung der bestehenden Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV) ein, die an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen angepasst wurde. Dies hat sowohl Auswirkungen auf die bisherigen Zuordnungswerte als auch die verschiedenen Analysemethoden. Zudem wurde der Regelungsbereich der Verordnung auf das Auf- oder Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht ausgedehnt.
Genauere Informationen zu den Grenzwerten, wie etwa dem erlaubten Anteil von Feinkorn, Störstoffen und mineralischen Fremdbestandteilen sind im § 8 Abs.1 BBodSchV aufgeführt.
Die Neufassung enthält außerdem eine Erweiterung um Aspekte des physikalischen Bodenschutzes und der bodenkundlichen Baubegleitung, mit dem Ziel nachteilige Bodenveränderungen zu reduzieren. Neben diesen Neuerungen werden allerdings auch die Verordnung zur Errichtung, Betrieb, Stilllegung und Nachsorge von Deponien (DepV) und die Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) um einzelne Aspekte ergänzt. Erstere enthält nun Vorgaben, die die Deponierung bestimmter güteüberwachter Ersatzbaustoffe auch ohne zusätzliche Untersuchungen ermöglichen. Letztere beinhaltet wiederum nur Folgeänderungen, die sich durch die Einführung der Ersatzbaustoffverordnung ergeben.
Abweichende Regelungen durch die Länderöffnungsklausel
Trotz der neuen einheitlichen Regelungen auf Bundesebene haben die Länder in Ausnahmefällen weiterhin die Möglichkeit, individuelle Vorschriften für den Einsatz von Ersatzbaustoffen anzuwenden. Dies wird durch die neue Länderöffnungsklausel ermöglicht. Gemäß § 8 Abs. 8 BBodSchV können die einzelnen Länder auch andere Materialien für die Verfüllung verwenden, als die, die in Absatz 1 genannt wurden, wenn nachgewiesen wird, dass eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung erfolgt. So hat Bayern beispielsweise die Möglichkeit genutzt, weiterhin die bestehenden Leitlinien für die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen des Landes anzuwenden.
Die Länderöffnungsklausel war eine Voraussetzung, damit die Mantelverordnung auch vom Bundesrat abgesegnet wurde. Dennoch verzichten viele Bundesländer auf landesspezifische Regelungen und richten sich stattdessen nach den bundeseinheitlichen Anforderungen.
Welche Ziele werden mit der Ersatzbaustoffverordnung verfolgt?
Mit der Einführung der EBV will die Bauwirtschaft besonders umweltbezogene Ziele erreichen. Die neuen Regelungen zum Einsatz von Ersatzbaustoffen wie zum Beispiel Bodenmaterial oder Baggergut sollen Mensch und Umwelt schützen und die Kreislaufwirtschaft fördern. Durch die bundeseinheitlichen Vorschriften wird eine ressourcenschonende Bauweise angestrebt und gleichzeitig verhindert, dass durch unterschiedliche Ansätze in den einzelnen Ländern Chaos entsteht. Die Anforderungen an eine festgelegte Güteüberwachung durch akkreditierte Überwachungs- und Untersuchungsstellen sorgen außerdem dafür, dass die Einhaltung der Vorschriften sichergestellt wird. Zudem soll die Akzeptanz von Ersatzbaustoffen gesteigert werden, sodass diese weniger als Abfall, sondern als nützliche Ressource in der Verwertung gesehen werden. In diesem Zusammenhang ist auch das Urban Mining interessant. Damit wird eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft beschrieben, die das Ziel verfolgt, den städtischen Bereich als Quelle für wertvolle Materialien zu sehen, die abgebaut und genutzt werden können. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, lesen Sie dies gerne in unserem Artikel zum Urban Mining nach. Die Vorgaben für Grenz- beziehungsweise Materialwerte von Schadstoffen sorgen außerdem dafür, dass sich Luft- und Umweltverschmutzung sowie die Schadstoffbelastung reduzieren lassen und der Bodenschutz gefördert wird. Darüber hinaus fördert der Einsatz von recycelten Baustoffen auch die Wirtschaftlichkeit in der Baubranche.
Wen betrifft die EBV?
Die Fassung der neuen Mantelverordnung inklusive der EBV betrifft vor allem zwei verschiedene Unternehmenstypen:
- Unternehmen, die für die Herstellung von Ersatzbaustoffen zuständig sind oder Anlagen betreiben, in denen mineralische Abfälle, zur Verwertung in technischen Bauwerken, behandelt werden. Gleiches gilt für sogenannte Inverkehrbringer solcher Abfallstoffe. Als Inverkehrbringer gelten all diejenigen Unternehmen, die mineralische Ersatzbaustoffe an Dritte weitergeben oder diese in einer Anlage zwischenlagern. Darunter zählen Aufbereitungsanlagen für Recycling-Baustoffe, Entsorgungsbetriebe, metallerzeugende Industriebetriebe und Abfallverbrennungsanlagen.
- Unternehmen, die die erzeugten Ersatzbaustoffe verwenden, wie zum Beispiel Hochbaubetriebe, Handwerksbetriebe, Straßenbaufirmen und Tiefbaubetriebe.
Aber auch Umweltlabore, Abfallbehörden, Architekten-, Ingenieur- und Planungsbüros sowie Deponiebetreiber:innen sind von der neuen Verordnung betroffen. Sie müssen in ihren Tätigkeiten berücksichtigen, dass die zuvor genannten Hersteller:innen und Nutzer:innen von nun an bundeseinheitliche Vorschriften haben. Das beeinflusst nämlich nicht nur die eigentliche Durchführung, sondern auch die vorherige Planung durch diese Betriebe.
Empfehlung für Unternehmen
Mit der Einführung der neuen Verordnung erhofft sich die Politik einschneidende Veränderungen in der Bauwirtschaft, die den Umweltschutz bestärken. Die Millionen Tonnen an Abfall, die jährlich anfallen, sollen auf diese Weise sinnvoll wiederverwendet werden. Denn ein Großteil dieses “Abfalls” sind eigentlich sehr nützliche Rohstoffe, die in anderen Bereichen oder Projekten ein großes Recyclingpotenzial haben. Aus diesem Grund empfehlen Expert:innen den Unternehmen, sich intensiv mit den neuen Veränderungen und den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Dafür können Schulungen oder Workshops organisiert und besucht werden, die hilfreiche Tipps geben, wie die Regelungen am besten umgesetzt werden können. Denn eigentlich sind die neuen Bestimmungen gar nicht so kompliziert, wenn man sich einmal darauf einlässt.
1 Jahr später: Was sagen die Unternehmen zur neuen Ersatzbaustoffverordnung?
Vor rund einem Jahr ist die neue Mantelverordnung inklusive der Ersatzbaustoffverordnung in Kraft getreten. Seitdem gelten einheitliche Regelungen zum Umgang mit mineralischen Ersatzbaustoffen und deren Einbau in technische Bauwerke. Doch wie sieht die Situation jetzt aus? Was sagen die Unternehmen zu den Auswirkungen der EBV?
Zum Ende des vergangenen Jahres wurde bereits deutlich, dass sich die neuen Vorschriften auf die Nachfrage nach mineralischen Ersatzbaustoffen zum Teil negativ auswirken. Eine Umfrage des Industrieverbandes Steine und Erden (ISTE) sowie des Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg e.V. (QRB) zeigte, dass rund 50 Prozent der befragten Unternehmen nun weniger Ersatzbaustoffe in Verkehr gebracht haben als zuvor und 30 Prozent eine drastische Nachfragesenkung feststellen mussten. Nur 20 Prozent hatten einen problemlosen Absatz seit der neuen Verordnung. Viele Unternehmen nehmen durch die Änderungen einen bürokratischen Mehraufwand wahr und sind außerdem verunsichert, wie die Regelungen konkret umgesetzt werden sollen.
Die verschärften Prüfverfahren und Güteüberwachungen stellen die Betroffenen vor neue Herausforderungen, durch die eine Anpassung zahlreicher Prozesse erforderlich wird. So kritisieren viele Verbände und Unternehmen die Einführung eines ausführlichen Säulenversuchs als Güteüberwachungsmethode in der EBV. Im Vergleich zu anderen Verfahren wie dem Schüttelversuch, verursacht der Säulenversuch wesentlich mehr Kosten und erfordert längere Lager- und Versuchszeiten. Zudem erhöhen die Lieferungen der Abbruchabfälle an die Aufbereitungsanlagen und zurück nicht nur die Transportkosten, sondern auch den CO2-Ausstoß. Als Resultat führt das sogar eher zu einer Reduzierung der Recycling-Quoten und stattdessen einer verstärkten Deponierung verwertbarer Bauabfälle.
Außerdem regelt die Verordnung nur den Einbau von MEB in technische Bauwerke – doch zum Zeitpunkt der Ausschreibung ist oft noch nicht klar, welcher Entsorgungsweg später gewählt wird. So fallen Verfüllungsmaßnahmen beispielsweise nicht in den Anwendungsbereich der EBV. Das hat zur Folge, dass einige Auftraggeber:innen nun vorab Doppelanalysen für das zu entsorgende Material durchführen müssen, um so mehrere Entsorgungswege abzudecken.
Expert:innen sehen deshalb die Notwendigkeit, dass Politik und Verwaltung stärker zusammenarbeiten, um die Unsicherheiten anzugehen. Sie sehen nach wie vor Potenzial in den Inhalten der EBV, doch es gibt noch zu viele Rechtslücken, die ebenfalls einheitlich behoben werden sollten. Daher erfordert die Verordnung eine sorgfältige Gesetzesfolgenabschätzung, um die ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Verwendung von Ersatzbaustoffen realistisch abschätzen zu können. Das Land Nordrhein-Westfalen möchte die Entwicklungen weiter beobachten und nimmt bis 2025 eine Überprüfung der Verordnung vor. Darüber hinaus wird ein Monitoringprogramm durchgeführt, mit dem eine wissenschaftliche Beurteilung ermöglicht werden soll.
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