Alles besser mit der Autobahn GmbH?

Seit Januar 2021 kümmern sich nicht mehr die Länder, sondern die Autobahn GmbH um die deutschen Autobahnen. Auf diese Weise sollen Bauarbeiten schneller durchgezogen werden können.

Das Wichtigste zur Autobahn GmbH in Kürze

  • Seit 2021 zentral für Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung der 13.000 km Autobahnen zuständig
  • Ziel: Schnellere Genehmigungen, effizientere Bauprozesse und bessere Koordination
  • Unterstützt vom Fernstraßen-Bundesamt, das Planfeststellungen übernimmt
  • App informiert über Staus, Baustellen, Ladestationen und LKW-Stellplätze
  • Große Herausforderungen: 3.000 marode Brücken, schleppende Startphase, verzögerte Zahlungen
  • Fusion mit DEGES nicht umgesetzt – vollständige Zentralisierung bleibt offen
Autobahn - Ist die Autobahn GmbH gescheitert? © Gina Sanders / stock.adobe.com

Die Autobahnen hierzulande müssen geplant, gebaut und erhalten werden – und auch die Finanzierung will durchdacht sein. Für all das waren bis Ende 2020 die Länder zuständig. Es kam immer wieder zu Verzögerungen, weil sich die einzelnen Länder untereinander absprechen mussten. Da lag der Gedanke nahe, einfach alles in einer zentralen Stelle zu bündeln. So wurde Anfang 2021 die Autobahn GmbH gegründet, die sich seither um die 13.000 Kilometer Autobahnen in Deutschland kümmert. Das sind die Bereiche Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung, vermögensmäßige Verwaltung und Finanzierung. Auf diese Weise ist immer nur eine Stelle zuständig, so dass alles zügiger genehmigt und gebaut werden kann. Außerdem kann so effizienter und wirtschaftlicher gearbeitet werden.

Bund statt Länder: Was heißt das?

Die Autobahn GmbH ist eine hundertprozentige Bundesgesellschaft. Es wurde bewusst eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Rechtsform gewählt, mit dem Bund als alleinigen Gesellschafter, weil dieser dadurch gute Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten hat. Darüber hinaus kann der Bund so wirtschaftlicher arbeiten.

In der Autobahn GmbH kümmern sich ungefähr 13.000 Beschäftigte darum, die deutschen Autobahnen voranzubringen. Bei ihren Aufgaben werden sie vom ebenfalls neu gegründeten Fernstraßen-Bundesamt (FBA) unterstützt, das seinen Hauptsitz in Leipzig hat und auch in Bonn, Hannover und Gießen mit Standorten vertreten ist. Das FBA ist für alle hoheitlichen Aufgaben zuständig, insbesondere für Anhörungs- und Planfeststellungsverfahren.

Mit einer App besser ans Ziel

Neben dem Ziel, die Autobahnen schneller und kostengünstiger instand zu halten, möchte die Autobahn GmbH auch die Informationsangebote für Autofahrerinnen und Autofahrer verbessern. Eine App hilft seit Sommer 2021 dabei, Routen zu planen und Baustellen, Staus sowie Elektroladestationen im Blick zu haben. Wer sich die App installiert, hat auch Zugriff auf Webcams entlang der Strecke. Gerade Lastwagenfahrerinnen und -fahrern bietet die App Vorteile. Freie Stellplätze für LKW sind knapp, aber dank der App lässt sich schnell checken, wo es noch welche gibt. Auch ob Raststätten Toiletten, Duschen und Restaurants anbieten, lässt sich einfach überprüfen.

Die Probleme häufen sich

Marode Brücken

Die Autobahn GmbH hat kein leichtes Erbe angetreten. Sie muss sich sowohl um die Autobahnstrecken kümmern, von denen viele sanierungsbedürftig sind, als auch um die
dazugehörigen Autobahnbrücken – und um die ist es nicht gut gestellt. Rund 3.000 der 27.000 Autobahnbrücken sind marode. Eine Sanierung oder ein Neubau sind dringend angeraten. Dies betrifft in erster Linie Westdeutschland, denn hier sind die Brücken oft jahrzehntealt. Viele stammen aus den 1960er und 1980er Jahren, und das Ende ihrer Lebensdauer ist bald erreicht. Da sich der Schwerlastverkehr in den letzten Jahren erhöht hat, kann man davon ausgehen, dass viele bereits vorher kaputt gehen werden. Auf die Autobahn GmbH kommt also eine Mammutaufgabe zu. Um diese zu stemmen, hat sie unter anderem eine “Brücken-Task-Force” ins Leben gerufen. Das Ziel: Es sollen doppelt so viele Brücken wie bisher gebaut werden – also jährlich 400 Brücken statt ‘nur’ 200. Außerdem sollen sie besser geplant, gebaut und kontrolliert werden.

Ein ruckeliger Start

Der Start der Autobahn GmbH sei geglückt – so äußerte sich das Verkehrsministerium im Frühjahr 2021. Doch dieser Meinung konnte sich die Baubranche nicht anschließen. Natürlich ist es für Bauunternehmen besser, wenn sie alles über eine Gesellschaft laufen lassen können und sie somit nur mit einer Ansprechpartnerin oder einem Ansprechpartner reden müssen. Doch leider konnten diese viele Fragen noch nicht beantworten und wussten nicht, wen sie übergeordnet ansprechen sollen. So blieb anfangs auch so manche Rechnung offen. Das Geld wurde oft erst mit dreimonatiger Verzögerung gezahlt. Für Bauunternehmen, die planen und ihre eigenen Kosten wie Gehälter und Baustoffe bedienen müssen, war das keine leichte Situation.

Hat der Flickenteppich wirklich ein Ende?

Ein weiterer Kritikpunkt: Es liegt noch immer nicht alles in einer Hand. Viele Länder ließen ihre Straßen und Brücken von der “Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH” (DEGES) bauen und viele dieser Aufträge werden derzeit noch ausgeführt. Um die Kompetenzen in Sachen Autobahn in Deutschland zu bündeln, müsste man die Autobahn GmbH mit der DEGES zusammenführen. Doch das geht nicht. Da es sich bei der DEGES um eine GmbH handelt, müssten bei einer Verschmelzung die Aufträge zurückgegeben und neu ausgeschrieben werden. Das wäre ein enormer Aufwand. Deswegen liegt die Verschmelzung bis auf Weiteres auf Eis und die DEGES soll ihre Aufträge und Projekte erst einmal abarbeiten. Einen Zeitplan gibt es hier nicht, und genau das ist das Problem. Bis wann der Flickenteppich so weitergeht, ist unklar.

Fazit

Die Autobahn GmbH hat einen ruckeligen Start hingelegt: Unbezahlte Rechnungen, die auf Eis gelegte Fusion mit der DEGES und all die maroden Brücken. Doch der Ansatz ist richtig: Alles aus einer Hand, statt ein Potpourri an Ansprechpartner:innen. So lassen sich Bauvorhaben zügiger durchziehen. Auch im Hinblick auf die vielen Brückensanierungen, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten anstehen, kann das nur von Vorteil sein.

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ibau Autorin Iris Jansen
Iris Jansen

Iris Jansen war von Juni 2021 bis Mai 2024 als Content-Managerin bei der ibau GmbH in Münster tätig. Sie versorgte die Leser:innen gemeinsam mit ihren Kolleginnen die Rubrik „Wissenswertes“ mit neuen Inhalten: Was tut sich im Handwerk? Wie reagiert die Bauwirtschaft auf die aktuellen Herausforderungen? Themen rund um Holz und Beton mochte sie gern und freute sich über gleichgesinnte Leser:innen, die mit ihr die Baustellen streifen wollten. Als ausgebildete Technische Redakteurin interessierte sie sich für die technischen und handwerklichen Details, behielt dabei das große Ganze im Blick. Laut Iris gab es im Baubereich viele spannende Fragen, die beantwortet werden wollen – nicht zuletzt, um allen Bauinteressierten dabei zu helfen, den Überblick zu behalten.