Der Holzbranche sterben die Nadelbäume weg

Die Trockenheit der letzten Jahre macht Nadelhölzern wie Fichte, Kiefer und Lärche sehr zu schaffen. Doch gerade dieses Holz wird dringend für den Bau benötigt. Kann Laubholz eine Alternative sein?

Das Wichtigste zum Nadelbaumsterben und Holzbau in Kürze

  • Nadelbäume wie Fichte, Kiefer und Lärche sind zentrale Bauhölzer, leiden aber massiv unter Trockenheit und Borkenkäferbefall
  • Zwischen 2018 und 2020 vertrockneten in Deutschland rund 400.000 Hektar Wald, was die Bauholzversorgung gefährdet
  • Laubholz wie Buche, Eiche oder Esche ist klimaresistenter, jedoch teurer, schwerer zu verarbeiten und oft weniger tragfähig
  • Brettschichtholz und Furnierschichtholz aus Buche sind vielversprechende Alternativen und bereits in modernen Bauprojekten im Einsatz
  • Mischwälder mit mehr Laubbäumen erhöhen die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegenüber Sturm, Trockenheit und Schädlingen
  • Gesunde, artenreiche Wälder speichern CO₂, schützen Böden und sichern langfristig die Holzversorgung für die Bauwirtschaft
Gefällte Nadelbäude wegen Nadelbaumsterben © Pictures news / stock.adobe.com

Das Holz von Nadelbäumen ist schon seit langem ein beliebter Baustoff. Sie wachsen gleichmäßig und gerade, erreichen schnell eine gewisse Höhe – ideale Voraussetzungen, um aus ihnen Bretter und Balken anzufertigen. Außerdem ist das Holz sehr tragfähig, was gerade dann wichtig ist, wenn es um tragende Konstruktionen wie stützende Balken geht. Nadelbäume sind also essentiell für den Bau von Häusern. Zimmerer, Holzbauunternehmen und die Forstwirtschaft konzentrieren sich daher auf Nadelbäume. Nadelhölzer machten in den letzten Jahren rund 90 Prozent des Bauholzes aus.

Die letzten Jahre waren zu trocken

Bisher standen genug Nadelbäume zur Verfügung. Deutschland ist zu gut einem Drittel bewaldet, und bis 2017 waren diese Wälder zu einem Drittel mit Fichten bestockt, die gerne als Bauholz verwendet werden. Doch da sie wie alle Nadelbäume flache Wurzeln haben, wurde für sie die Trockenheit der letzten Jahre zum Problem. Der Wassermangel hat sie so geschwächt, dass sie nicht mehr genügend Harz produzieren konnten. Doch genau das brauchen Bäume, um Borkenkäfer abzuwehren. Ansonsten haben diese Schädlinge leichtes Spiel. Sie fressen sich ungehindert unter die Baumrinde und vermehren sich, wobei die Larven wichtige Wasser- und Nährstoffleitbahnen der Bäume zerstören. Die befallenen Bäume verhungern und verdursten infolgedessen. Wenn man bedenkt, dass ein Muttertier bis zu 100.000 Nachkommen zur Welt bringt, lässt sich erahnen, wie schnell sich die Schädlinge in einem ganzen Waldstück ausbreiten können. In Deutschland vertrockneten zwischen 2018 und 2020 rund 400.000 Hektar Wald. Das sind etwa drei Prozent der gesamten Waldfläche. Laubbäume kommen mit der Trockenheit besser zurecht und sind somit weniger anfällig für den Befall mit Borkenkäfern.

Laubholz statt Nadelholz?

Kann die Holzbranche nicht einfach umsatteln und Laubholz statt Nadelholz verwenden? Laubholz kommt mit den Folgen des Klimawandels deutlich besser zurecht und wird daher auch in Zukunft zur Verfügung stehen. Aktuell sind rund 40 Prozent des deutschen Waldes mit Laubholz bestockt. Schon seit den 60er Jahren arbeitet die Holzforschung daran, Bauprodukte aus Laubhölzern zu entwickeln. Allein schon diese Zeitspanne zeigt, dass das Ganze nicht so einfach ist. Es gibt nämlich verschiedene Arten von Laubholz, die jeweils unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Deshalb fällt eine Standardisierung schwer. Zudem ist die Bearbeitung meist technisch schwieriger und verursacht höhere Kosten. Hinzu kommt, dass die Tragkraft bei Laubholz deutlich geringer ist. Deshalb begegnen uns heimische Laubholzarten wie Buche, Eiche und Esche überwiegend als nicht tragende Konstruktionen, zum Beispiel als Treppen, Böden und Türen.

Wie kann es gehen?

Historische Gebäude zeigen uns aber, dass Laubhölzer früher auch in tragenden Konstruktionen als Stützen und Balken eingesetzt wurden. Insbesondere Eichenholz kam aufgrund der tragfähigen Eigenschaften dabei zum Einsatz. Leider können andere Laubbaumarten diesbezüglich nicht mit der Eiche konkurrieren. Schon lange arbeiten Holzforschungsinstitute daran, aus Buchenholz tragfähige Bretter herzustellen. Die ersten Versuche starteten in den 1960er-Jahren. Hier experimentieren Wissenschaftler:innen der Materialprüfungsanstalt Stuttgart zum ersten Mal mit geleimten Brettern aus Buchenholz.

Zu Brettschichtholz verarbeitete Buche ist tragfähig

Richtig in Fahrt kam die Entwicklung um die Jahrtausendwende, als viele Nadelbäume von Stürmen regelrecht weggefegt wurden und die Erkenntnis reifte, dass robuste Mischwälder Wind und Wetter besser trotzen können. Damit diese künftig auch das Bauholz liefern können, war und ist ein wenig Entwicklungsarbeit nötig. Da es in deutschen Wäldern relativ viele Buchen gibt, kam die Idee auf, diesen Laubbaum für die Herstellung von Brettschichtholz zu nutzen. Das Institut “Holzforschung München” beispielsweise arbeitete an der Entwicklung dieses Baustoffes mit. Um Brettschichthölzer herzustellen, werden mehrere Bretter verleimt, mindestens drei müssen es sein. Dieses Leimholz ist deutlich homogener als unverarbeitetes Laubholz und mit Nadelholz vergleichbar. Es ist etwa doppelt so belastbar wie Fichte. Deswegen können geleimte Laubhölzer eine zukunftsweisende Alternative sein und Furnierschichtholz aus Buche findet sich bereits in vielen Bauprojekten wieder, etwa in Tragwerken für Gewerbehallen oder Wohngebäuden mit mehreren Geschossen.

Den Wald widerstandsfähiger machen

Nicht nur für den Holzbau wäre ein Umschwung auf Laubholz also eine ideale Lösung, auch für die Wälder selbst könnten mehr Laubbäume eine Entlastung darstellen. In der Vergangenheit wurden Monokulturen aus Fichten oder Kiefern angelegt, da sie sehr ertragreich sind. Doch wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat, sind sie auch sehr anfällig für äußere Einflüsse wie Sturm und Trockenheit. Das ist problematisch, denn in Zeiten des Klimawandels nehmen die Wetterextreme noch weiter zu. Deshalb werden hierzulande seit den 1990er-Jahren wieder mehr Laubbäume gepflanzt – insbesondere Buchen und Eichen! So sollen die Wälder widerstandsfähiger werden.

Das Klima verbessern

Von gesunden Wäldern profitiert auch das Klima – und nicht zuletzt auch wir alle. Die Wälder sind für uns Menschen einerseits Holzlieferanten, andererseits sind sie auch unverzichtbar, wenn es ums Klima geht. Die Bäume ziehen viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre und helfen so dabei, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Darüber hinaus soll der Wald Wasser speichern und die Biodiversität schützen. Nun gilt es, die richtigen Weichen zu stellen. Viele Flächen, auf denen früher Nadelbäume wuchsen, liegen derzeit brach. Ein guter Zeitpunkt, um noch mal neu zu starten. Das Ziel: Ein widerstandsfähiger Laub- und Mischwald, der die hohen Anforderungen erfüllt, die an ihn gestellt werden. Wälder sollen einerseits Bauholz liefern, aber auch CO2 speichern und vor Erosionen schützen. Und nicht zuletzt bietet der Wald vielen Tier und Pflanzen eine Lebensgrundlage und dient uns Menschen als Erholungsraum.

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ibau Autorin Iris Jansen
Iris Jansen

Iris Jansen war von Juni 2021 bis Mai 2024 als Content-Managerin bei der ibau GmbH in Münster tätig. Sie versorgte die Leser:innen gemeinsam mit ihren Kolleginnen die Rubrik „Wissenswertes“ mit neuen Inhalten: Was tut sich im Handwerk? Wie reagiert die Bauwirtschaft auf die aktuellen Herausforderungen? Themen rund um Holz und Beton mochte sie gern und freute sich über gleichgesinnte Leser:innen, die mit ihr die Baustellen streifen wollten. Als ausgebildete Technische Redakteurin interessierte sie sich für die technischen und handwerklichen Details, behielt dabei das große Ganze im Blick. Laut Iris gab es im Baubereich viele spannende Fragen, die beantwortet werden wollen – nicht zuletzt, um allen Bauinteressierten dabei zu helfen, den Überblick zu behalten.