Totalunternehmer
Ein:e Totalunternehmer:in (kurz TU) ist ein:e Bauunternehmer:in, die oder der bei der Errichtung eines Bauwerkes neben der Bauausführung auch Planungsleistungen erbringt und somit die Gesamtverantwortung für die Planung und Ausführung des Baus trägt.
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Unterschied Total- und Generalunternehmer
Oft werden die Begriffe Total- und Generalunternehmer:in verwechselt. Der Unterschied ist, dass ein:e Generalunternehmer:in (GU) im Gegensatz zu dem oder der TU nur die Verantwortung über die komplette Bauausführung übernimmt und die Planung wiederum im Verantwortungsbereich einer planenden Person liegt, die direkt von dem oder der Bauherr:in beauftragt wird. Der oder die TU allerdings verwirklicht ein eigenes Projekt, nämlich das eines oder einer unternehmensinternen Architekt:in (Inhous-Architekt:innen) oder eines beziehungsweise einer im Subverhältnis mandatierten, externen Architekt:in.
Vorteile von Totalunternehmer-Verträgen
TUs und GUs gehören bei großen Bauvorhaben heute zum Standard. Das liegt daran, dass Bauherr:innen so nur eine:n oder zwei Ansprechpartner:innen haben, was die Arbeit signifikant vereinfacht. TU-Verträge werden gegenüber GU-Verträgen bevorzugt, weil Bauherr:innen bei diesen auch das Koordinationsrisiko zwischen Planung und Ausführung abgeben. Auch intern läuft es mit einem oder einer TU in der Regel einfacher, da diese:r mit den Fachplaner:innen meistens schon zusammengearbeitet hat. Indem man regelt, dass eine Einsparung auch dem oder der TU zugutekommt, kann man diesen auch dazu motivieren, das Projekt finanziell zu optimieren und technisch zu hinterfragen. Im Wohnungsbau handelt es sich oft um eine:n objektneutrale:n TU, der oder die Fertighäuser anbietet, die der Kapazität und den Möglichkeiten des Unternehmens entsprechen. Der Umfang der Bauleistung reicht bis zur schlüsselfertigen Übergabe an den oder die Auftraggeber:in.
Möglichkeiten beim Totalunternehmervertrag
Zwischen dem oder der TU und dem oder der Bauherr:in wird ein Werkvertrag vereinbart, der Totalunternehmervertrag (TU-Vertrag). Es wird ein einziger Werkvertrag für Planung, Projektierung und Erstellung des Bauwerks geschlossen. Beim Vertragsschluss gibt es drei Möglichkeiten:
- TU mit offener Abrechnung: Der oder die TU hat die Gewährleistungspflicht, das Kostenrisiko ist jedoch nicht gedeckt.
- Offene Abrechnung mit Kostendach: Es wird eine maximale Summe vereinbart.
- Pauschalangebot mit fixem Preis: Es wird am Anfang festgelegt, wie viel der oder die Totalunternehmer:in bekommt und welche Leistungen in diesem Preis mit inbegriffen sind.
Risiken von TU-Verträgen
Indem der oder die Bauherr:in die Planungs- und Ausführungsarbeiten sowie deren Koordination überträgt, verliert er beziehungsweise sie auch Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten. Als einziges Instrument zur Kontrolle und Einflussnahme bleibt ihm oder ihr der GU/TU-Vertrag. Insbesondere wenn im Vertrag ein fixer Preis vereinbart werden soll, ist es wichtig, dass der oder die Bauherr:in die Risiken der Verträge kennt, da ein Totalunternehmer-Vertrag sonst sehr teuer werden kann.
- Werkpreis/Mehrvergütung: In den meisten Fällen wird ein Pauschalpreis vereinbart, damit wird zumeist aber nur der Preis und nicht die zu erbringende Leistung pauschaliert. Dies kann zu Auseinandersetzungen darüber führen, welche Leistungen vom Pauschalpreis gedeckt sind und welche nicht. Dies sollte somit im TU-Vertrag festgelegt werden.
- Projekt- und Ausschreibungsunterlagen: Die im Ausschreibungsverfahren verwendeten Unterlagen werden meist zum integrierten Bestandteil des Vertrags. Kommt es dann zu Mängeln, kann der TU sich auf die Pläne berufen, die von dem oder der Bauherr:in bewilligt wurden und darin befindliche Mängel kausal mit den jetzt vorfindlichen Mängeln im fertigen Bau in Verbindung bringen. Um das zu vermeiden, sollte im Vertrag vereinbart werden, dass der oder die TU die Submissionsunterlagen eingehend geprüft und für geeignet befunden habe.
- Baugrund und Gebäudebeschaffenheit: Oft werden zur Realisierung großer Bauvorhaben bestehende Gebäude abgerissen oder zumindest stark umgebaut. Dabei können gesundheitsschädliche Stoffe oder solche mit anderen problematischen Eigenschaften gefunden werden, die die Arbeiten verzögern und verteuern können. Damit der oder die Bauherr:in auf diesen Kosten nicht sitzen bleibt, sollte er oder sie im TU-Vertrag regeln, dass der oder die TU die Gebäudebeschaffenheit und den Baugrund sowie die eigentumsrechtliche Situation kenne und sämtliche daraus entstehende Kostenfolgen in seinem Werkpreis eingerechnet sind.
- Höhere Gewalt: Auch Terminverzögerungen oder Kostensteigerungen durch Fälle höherer Gewalt sollten so weit wie möglich dem oder der TU aufgebürdet werden.
- Behördliche Entscheide: Im Werkvertrag sollte auch geregelt werden, dass Terminverzögerungen oder Kostenüberschreitungen aufgrund von behördlichen Maßnahmen und Entscheiden sowie aufgrund der Einhaltung von Auflagen der Baubewilligung vertraglich dem oder der TU überbunden werden.
- Subunternehmer:in: Auch das Risiko jeglicher Subunternehmerforderungen sollte soweit wie möglich auf den oder die TU übertragen werden. Dies gilt auch dann, wenn der oder die Bauherr:in diese vorgeschlagen oder genehmigt hat. Auch sollte eine Bauhandwerkerpfandrechtklausel aufgenommen werden.
Der Vertrag zwischen dem TU und den Subunternehmern
Gegebenenfalls vergibt der oder die TU die Planung und Projektierung an eine:n externe:n Architekt:in. Auch Teilleistungen können an Subunternehmer:innen weitergegeben werden. Dies geschieht im Namen und auf Rechnung des oder der TU. Die Auswahl des Subunternehmer:innen obliegt grundsätzlich dem oder der TU, in Ausnahmefällen müssen Wünsche des Bauherren beziehungsweise der Bauherrin berücksichtigt werden. Der oder die TU ist für die Koordination und Überwachung beauftragter Architekt:innen oder Unternehmen zuständig. Meistens vereinbaren TU mit den Subunternehmen ein Abtretungsverbot.
Zukunft des Totalunternehmermodells
In seiner Praxisarbeit „Die Totalunternehmung. Wandel eines klassischen Geschäftsmodells“ zeigt Philipp Hirt, dass das Totalunternehmermodell in Zeiten des Baubooms zuverlässig funktioniert hat, heute jedoch durch neue Risiken und Markttrends an seine Grenzen stößt. Alternative Partnerschaftsmodelle wie Integrated Project Delivery (IPD) oder Design-Build setzen stärker auf Zusammenarbeit und die Einbindung der gesamten Wertschöpfungskette. Sie gelten daher als besser geeignet, um künftigen Herausforderungen zu begegnen. Das TU-Modell behält zwar seine Bedeutung, wird in einem sich wandelnden Markt jedoch zunehmend durch kollaborative Ansätze ergänzt oder infrage gestellt.