Kündigung vor Arbeitsantritt? Diese Besonderheiten müssen Sie beachten!
Stellenausschreibung, Bewerbungsgespräch, Vertragsunterzeichnung. Endlich wurden passende Mitarbeiter:innen gefunden, aber dann springen diese vor Arbeitsantritt ab. Und was jetzt?
Das Wichtigste zur Kündigung vor Arbeitsantritt in Kürze
- Eine Kündigung vor Arbeitsantritt ist grundsätzlich möglich – meist ohne Angabe eines Grundes, da der Kündigungsschutz erst nach 6 Monaten greift
- Es gelten die vertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsfristen (z. B. 4 Wochen zum 15. oder Monatsende, in Probezeit 2 Wochen)
- Sonderregelungen im Arbeitsvertrag können Kündigung erleichtern oder erschweren (Rücktrittsrecht, Vertragsstrafe, Fristbeginn erst ab Arbeitsantritt)
- Ein Aufhebungsvertrag ist oft die einfachste Lösung, wenn beide Seiten einverstanden sind – kann aber zu einer ALG-Sperre führen
- Eine außerordentliche (fristlose) Kündigung ist nur bei schwerwiegenden Gründen möglich (z. B. Täuschung, grobes Fehlverhalten)
- Kündigung muss schriftlich erfolgen, mit klarer Formulierung, Terminangabe und Unterschrift; Zugang am besten nachweisbar machen

Es ist für beide Seiten eine Herausforderung: Geeignete neue Arbeitnehmer:innen zu finden, ist ein Kraftakt. Und einen Job zu finden, der den eigenen Anforderungen entspricht und bei dem man sich wohlfühlt, ist ebenso schwer. Entsprechend ist es auch für beide Seiten eine ziemlich Enttäuschung, wenn der Job vor dem Arbeitsantritt schon wieder gekündigt wird. Doch geht das überhaupt? Oder bestehen eventuell sogar Schadensersatzansprüche? So viel sei verraten: Eine Kündigung ist möglich – es gilt aber ein paar Aspekte zu beachten!
Was ist der Kündigungsgrund?
Die Gründe für eine Kündigung vor Antritt des neuen Jobs sind vielfältig – sowohl bei Arbeitgeber:innen als auch bei Arbeitnehmer:innen.
Gründe für Arbeitnehmer:innen:
- Der oder die bisherige Arbeitgeber:in erfährt von dem Vorhaben des Arbeitsplatzwechsels und reagiert darauf mit einer Gehaltserhöhung oder Beförderung, sodass sich der oder die Arbeitnehmer:in dafür entscheidet, doch nicht den oder die Arbeitgeber:in zu wechseln.
- Der oder die Arbeitnehmer:in hat sich auf mehrere Stellen beworben und jetzt ein attraktiveres Angebot erhalten.
- Persönliche Gründe , etwa ein Umzug, eine Krankheit oder die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen, stehen der neuen Stelle im Wege.
Gründe für Arbeitgeber:innen:
- Die Geschäfte laufen schlechter als erwartet und statt Neueinstellungen müssen Entlassungen angegangen werden.
- Die geplante Stelle wird doch nicht frei oder der Betriebsrat darauf pocht, dass sie intern besetzt wird.
- Jemand , der für die Stelle besser geeignet ist, hat zwischenzeitlich zugesagt.
Aber eigentlich ist es ziemlich egal, warum eine Stelle vor dem Arbeitsantritt gekündigt wird. Grundsätzlich benötigt man bei einer Kündigung zwar einen Kündigungsgrund, aber nur, wenn das Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fällt. Da der Kündigungsschutz gemäß § 1 KSchG erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit greift, wird bei einer Kündigung vor Vertragsbeginn regelmäßig kein gesonderter Kündigungsgrund benötigt. Da der oder die Arbeitnehmer:in auch noch kein Mitglied des Betriebs ist, ist eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG ebenfalls entbehrlich. Ansonsten gilt aber, dass eine Kündigung ähnlich verläuft wie sonst auch. Das bedeutet auch, dass sowohl eine ordentliche als auch eine außerordentliche Kündigung möglich ist.
Ordentliche Kündigung
Als Arbeitnehmer:in vor Arbeitsbeginn ordentlich zu kündigen, ist kein Problem. Wurde nicht explizit eine Kündigungsfrist im Vertrag vereinbart, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats. In der Probezeit liegt die Frist bei zwei Wochen. Dabei beginnt die Frist mit Zugang der Kündigung. Wurde sie entsprechend früh genug eingereicht, kann eine Kündigungsfrist auch schon vor dem ersten Arbeitstag abgelaufen sein. Wurde sie nicht früh genug eingereicht, muss man nach dem vereinbarten Arbeitsantritt bis zum Ende der Kündigungsfrist arbeiten kommen.
Der oder die Arbeitgeber:in kann ebenfalls theoretisch vor Beginn der Probezeit kündigen. Da die Probezeit eigentlich dazu dient, dem oder der Arbeitnehmer:in die Möglichkeit zu geben, sich im Betrieb zu behaupten, ist eine Kündigung allerdings heikel. Vor Gericht käme der oder die Arbeitgeber:in vermutlich in Erklärungsnot und die Arbeitnehmerseite könnte unter Umständen sogar Schadensersatz fordern. Um das zu verhindern, sollte die eingestellte Person mindestens einen Tag im Unternehmen arbeiten, auch wenn das bedeutet, für die Dauer der Kündigungsfrist Lohn zahlen zu müssen.
Sonderregelungen im Vertrag
Es gibt verschiedene Besonderheiten, die extra für diesen Fall in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden können. Sie erleichtern oder verhindern das Kündigen vor dem Arbeitsantritt.
Rücktrittsrecht
Grundsätzlich gilt, dass man von einem unterzeichneten Arbeitsvertrag nicht einfach zurücktreten kann. Durch ein freies Rücktrittsrecht wird allerdings genau dies ermöglicht.
Ist dies nicht der Fall, lässt sich der Rücktritt nur über einen Ausnahmefall rechtfertigen. Beispielsweise bei einer schweren Verletzung des neuen Mitarbeitenden oder bei einem abgebrannten Firmengebäude.
Kündigung vor Arbeitsantritt vertraglich ausschließen
Theoretisch können Kündigungen vor dem Arbeitsantritt vertraglich ausgeschlossen werden. In der Praxis hindert dies niemanden daran, zwei Tage vor Beginn anzurufen und die neue Stelle abzusagen. In der Regel haben Unternehmen an dieser Stelle auch kein Interesse, die Mitarbeitenden zum Arbeitsantritt zu verpflichten – dementsprechend ist es wenig sinnvoll, die Regelung in den Vertrag zu integrieren.
Beginn der Kündigungsfrist mit Arbeitsantritt
In manchen Arbeitsverträgen befindet sich die Klausel, dass die Kündigungsfrist erst dann beginnt, wenn die Arbeit aufgenommen wurde. In solchen Fällen ist eine Kündigung vor dem Arbeitsantritt nicht möglich. Das Arbeitsverhältnis muss in diesem Falle grundsätzlich in Gang gesetzt werden, auch wenn eine Kündigung schon lange vorher ausgesprochen wurde. Das betrifft allerdings nur die ordentliche Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung lässt sich nicht zulässig ausschließen. Wie zuvor gilt es aber auch hier zu überlegen, ob eine solche Regelung im Arbeitsvertrag im Interesse des Unternehmens liegt.
Vertragsstrafe
In Arbeitsverträgen wird auch oft eine Vertragsstrafe vereinbart, die bei einer vorzeitigen Kündigung fällig wird. Unternehmen sollten sich jedoch fragen, ob solch eine Regelung lohnenswert ist; schließlich wird ein:e unmotivierte:r Mitarbeiter:in in den darauffolgenden zwei Wochen oft nur mäßige Arbeit verrichten. Entscheidet sich ein Unternehmen für eine Vertragsstrafe, gilt es die Höhe festzulegen. Eine festgesetzte Grenze gibt es nicht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hält allerdings eine Vertragsstrafe in Höhe des Bruttogehalts, das der Arbeitnehmer bis zum Ende der Kündigungsfrist verdient hätte, für angemessen. (BAG, Urt. v. 23.09.2010 - 8 AZR 897/08)
Aufhebungsvertrag
Alternativ ist es möglich, einen Aufhebungsvertrag zu vereinbaren. In der Regel ist dies im Interesse beider Parteien. Wenn die Kündigung etwa eine Woche vor dem Arbeitsantritt eingeht und der Arbeitnehmer theoretisch noch eine Woche zur Arbeit kommen müsste, ist es auch nicht im Sinne der Arbeitgeberseite, eine Person für eine Woche zu beschäftigen und zu bezahlen. Dies gilt auch, wenn das Unternehmen bereits weiß, dass eine Kündigung am ersten Tag erfolgen wird! Schließlich dient dies nicht gerade der Motivation des Arbeitnehmenden. In solchen Fällen wird häufig eine Abfindung angeboten.
In einem Aufhebungsvertrag sollte geregelt sein, dass der oder die Arbeitnehmer:in von der Arbeit befreit ist und auf Lohnzahlung verzichtet. Wird ein Aufhebungsvertrag unterzeichnet, sollte der oder die Arbeitnehmer:in unter Umständen bedenken, dass eine bis zu 3-monatige Sperrfrist beim Arbeitslosengeld droht, da die Arbeitslosigkeit selbst verursacht wurde.
Außerordentliche Kündigung
Eine fristlose Kündigung vor Arbeitsantritt ist grundsätzlich möglich, aber nur unter denselben strengen Voraussetzungen, die auch sonst für fristlose Kündigungen gelten. Das bedeutet, dass ein schwerwiegender Grund vorliegen muss, der das Arbeitsverhältnis unzumutbar macht. Etwa, wenn der oder die neue Mitarbeiter:in schlecht über das Unternehmen spricht oder durch rassistische oder sexistische Bemerkungen über Betriebsangehörige auffällt. Auch wenn herauskommt, dass bei der Bewerbung gelogen wurde, ist dies ein Grund für eine fristlose Kündigung.
Auch neue Arbeitnehmer:innen haben in gewissen Situationen die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung. Etwa wenn die Arbeit mit gewissen Maschinen versprochen wird, die bei Arbeitsantritt nicht zur Verfügung stehen, oder mit einem prestigeträchtigen Großauftrag geködert wird, der dann nicht zustande kommt.
Am ersten Tag einfach nicht erscheinen
Fehlt ein:e Arbeitnehmer:in unentschuldigt, ist dies ein Grund für eine fristlose Kündigung, da so Vertragspflichten verletzt wurden. Der Anspruch auf Lohn entfällt, im Gegenteil: Es wird sogar eine Klage auf Schadensersatz riskiert. Infrage kommen als Schaden etwa die Kosten für eine neue Stellenanzeige und die Erfolgsaussichten vor Gericht sind gut.
War der Arbeitnehmende für eine explizite Aufgabe vorgesehen, die durch das Fehlen nicht abgeschlossen werden kann und eine Vertragsstrafe anfällt, so kann die Strafe ebenfalls als Schaden vor Gericht geltend gemacht werden. Dies gilt ebenfalls für Mehrkosten, die durch die Anstellung von Leiharbeitern verursacht werden. Allerdings sind diese Schäden viel schwieriger durchzusetzen. Hier muss das Unternehmen nachweisen können, dass der neue Mitarbeitende für diesen Auftrag vorgesehen und wichtig war. Grundsätzlich können nur Schäden angerechnet werden, die innerhalb der vereinbarten Kündigungsfrist entstanden sind, da die Arbeitgeberseite damit rechnen muss, dass der oder die neue Arbeitnehmer:in am ersten Tag der Probezeit kündigt. Interne Mehrausgaben in der Personalabteilung können nicht als Schaden angesetzt werden.
Richtig Kündigen
Wichtig: Auch vor Antritt der Arbeitsstelle muss die Kündigung korrekt erfolgen. Das bedeutet, dass…
- die Kündigung gemäß § 623 BGB immer schriftlich auf Papier erfolgen muss. Eine mündliche Kündigung ebenso wie eine Kündigung per E-Mail, SMS, Fax oder Whatsapp sind unwirksam,
- für den Empfänger oder die Empfängerin klar sein muss, dass es sich um eine Kündigung handelt. Deswegen sollten keine langen Ausführungen oder Konjunktive verwendet werden, der Betreff sollte “Kündigung” lauten und der erste Satz mit "Hiermit kündige ich…” beginnen,
- die Kündigungsfrist zu einem explizit benannten Termin eingehalten werden muss: Benennen Sie im Kündigungsschreiben auf jeden Fall einen Termin, zu dem das Arbeitsverhältnis beendet sein soll. Dies geschieht entweder per Datum oder durch die Formel “Zum nächstmöglichen Zeitpunkt”,
- das Schreiben zwingend eigenhändig und mit vollem Namen unterschrieben werden muss. Elektronische oder eingescannte Unterschriften sind nicht wirksam,
- der Zugang der Kündigung entweder durch Zeug:innen oder per Einschreiben mit Rückschein abgesichert werden sollte. Wird die Kündigung per Post verschickt, gilt sie erst als zugegangen, sobald sie im “Machtbereich” des Empfängers oder der Empfängerin ist, dazu reichen Briefkasten oder Poststelle.
Wirksam gegen Kündigungen vor Arbeitsantritt vorgehen
Wer Kündigungen vor dem Arbeitsantritt effektiv verhindern möchte, sollte künftige Arbeitnehmer:innen schon vor dem ersten offiziellen Arbeitstag in das Unternehmen integrieren. Das geschieht etwa durch eine persönliche Begrüßungsmappe mit einem Grußwort des Chefs oder der Chefin und den wichtigsten Informationen zum Unternehmen und den Arbeitsabläufen. Oder laden Sie den oder die neue:n Mitarbeiter:in doch schon einmal zum Sommerfest oder zur Weihnachtsfeier ein – selbst, wenn das Arbeitsverhältnis dann noch nicht angefangen hat. Oder Sie können anbieten, bereits Teil der gemeinsamen WhatsApp- oder Telegram-Gruppe zu werden. So bauen Sie eine persönliche Beziehung auf, wodurch es dem oder der Arbeitnehmer:in schwerer fällt, zu kündigen! Denn wer sich bereits vor Arbeitsbeginn im Kreise der neuen Kolleg:innen wohl fühlt und und sich auf die Arbeit freut, wird nicht so schnell kündigen!