Brauchen Garagen ein Architekturbüro?
In einigen Bundesländern gibt es eine kleine Bauvorlageberechtigung. Diese erlaubt es Handwerksmeister:innen kleine Gebäude wie Garagen und Wohngebäude bis 200 Quadratmeter selbst zu planen und den Bauantrag einzureichen. Ihre Kolleg:innen aus den benachbarten Bundesländern fordern dasselbe für sich.
Das Wichtigste zur kleinen Bauvorlageberechtigung in Kürze
- Handwerksmeister:innen dürfen in vielen Bundesländern kleine Gebäude bis 200 m² selbst planen und Bauanträge einreichen
- Vorteile: weniger Kosten, weniger Abstimmung, Entlastung von Architekturbüros, schnellere Umsetzung
- Zulässig für Wohnhäuser (max. 2 Einheiten), eingeschossige Gewerbebauten (bis 3 m Wandhöhe) und Garagen
- Aktuell in 10 Bundesländern erlaubt, in NRW wird über Einführung diskutiert
- Kritik: Haftungsrisiken für kleine Betriebe – bisher jedoch kaum Klagen
- Fazit: Regelung hat sich bewährt, bundesweite Einführung wahrscheinlich

Keine Frage: Ein Hochhaus sollte lieber von einer Architektin oder einem Architekten geplant werden. Doch braucht man diese für eine Garage, ein Gartenhäuschen oder ein kleines Wohnhaus? Eigentlich bringen Handwerksmeister:innen des Zimmerer-, Maurer- und Betonbauerhandwerks alles Wissen mit, was nötig ist, um ein kleines Gebäude zu planen und einen Bauantrag zu erstellen. In vielen Bundesländern dürfen sie das auch.
Bauvorlageberechtigung kommt in der Praxis gut an
Die dortigen Bauherrinnen und Bauherren freut das, denn so fallen weniger Kosten an, und auch der Aufwand ist geringer. Schließlich muss kein Architekturbüro zwischengeschaltet werden. Außerdem ist es für sie angenehmer, wenn sie sich nur mit einer Partei, also den Handwerksmeister:innen, abstimmen müssen.
Zudem sind infolge des Baubooms der letzten Jahre Architekt:innen oft lange im Voraus ausgebucht. Wenn sie nun durch Handwerksmeister:innen entlastet werden und nicht mehr jede Art von Bauvorhaben planen müssen, bleibt ihnen auch mehr Zeit für größere Bauprojekte, für die ihre Expertise unbedingt gebraucht wird.
An anderer Stelle wird handwerkliche Kompetenz bereits geschätzt
Es gibt noch einen weiteren Punkt, der für eine kleine Bauvorlageberechtigung machner Handwerksmeister:innen spricht. Es ist bereits jetzt so, dass auf die Fachkenntnis der Handwerkerinnen und Handwerker gesetzt wird. Schließlich müssen sie vor Baubeginn die Baupläne auf Fehler überprüfen und haften gegebenenfalls auch dafür, wenn sie diese übersehen. Im Baustellenalltag kommt es nicht selten vor, dass Handwerksmeister:innen darauf hinweisen, dass beispielsweise eine Bodenplatte länger sein muss, weil an der Außenwand noch Klinker angebracht werden soll. Wenn Handwerksmeister:innen also an dieser Stelle die Verantwortung tragen, warum sollten sie das nicht auch im Rahmen der kleinen Bauvorlageberechtigung?
Welche Gebäude dürfen gebaut werden?
Die kleine Bauvorlageberechtigung berechtigt dazu kleine Gebäude mit bis zu 200 Quadratmetern zu planen, den dazugehörigen Bauantrag zu erstellen und bei den Behörden einzureichen. Wenn ein Wohnhaus gebaut wird, darf es höchstens zwei Einheiten haben. Gewerbliche Bauten dürfen nur über ein Geschoss verfügen und die Wand darf höchstens drei Meter hoch sein. Die kleine Bauvorlageberechtigung erlaubt auch den Bau von landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden, die unter die Gebäudeklassen 1 bis 3 fallen und von Garagen.
Wo gibt es sie schon?
In diesen Bundesländern gibt es die kleine Bauvorlageberechtigung:
Warum nicht gleiches Recht für alle?
Gerade in den Grenzregionen führt die unterschiedliche Handhabung zu Ungerechtigkeiten, wenn ein Bundesland die kleine Bauvorhabenberechtigung führt und der Nachbar nicht. So sehen das auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sowie die Handwerkskammern. Sie fordern schon lange eine bundeseinheitliche Regelung. Es kommt in der Praxis beispielsweise vor, dass etwa in Schleswig-Holstein eine Zimmerei ein Holzgebäude planen und die Bauvorlage einreichen darf, und ein paar Kilometer weiter in Mecklenburg-Vorpommern müsste er für das gleiche Gebäude ein Architekturbüro zwischenschalten. Auch für Bauunternehmen, die im ganzen Bundesgebiet Bauvorhaben realisieren, ist das Ganze unerfreulich. Sie müssen viel Zeit aufwenden, um den diesbezüglichen Unterschieden in den Bauordnungen gerecht zu werden. In NRW wird momentan über die kleine Bauvorlageberechtigung nachgedacht. Es spricht sich unter anderem der Verband Handwerk NRW dafür aus, die kleine Bauvorlageberechtigung in NRW einzuführen. Schließlich klappe sie auch in anderen Bundesländern problemlos und das Bauen würde dadurch einfacher und preiswerter.
Sachsen: Endlich durchgesetzt
Zu den Ländern, in denen die Einführung der keine kleine Bauvorhabenberechtigung für Handwerksmeister:innen lange gedauert hat, zählte auch Sachsen. Man fühle sich am Markt benachteiligt, kam es von Seiten der Betriebe und sie drängten darauf, dass auch im Freistaat die kleine Bauvorlageberechtigung im Zuge der geplanten Novellierung der Bauordnung eingeführt wird. Mit Erfolg: Seit Juni 2022 gilt die neue Bauordnung.
Zuvor hatte es deutlichen Gegenwind von der Architektenkammer und Ingenieurkammer Sachsen gegeben. Sie hätte lieber die alten Regelungen beibehalten.
Kritik: Was ist, wenn Handwerksbetriebe verklagt werden?
Die kleine Bauvorhabenberechtigung stößt nicht nur auf Gegenliebe. Es gibt vor allem einen Kritikpunkt, der gerne angebracht wird. Wenn kleine Handwerksbetriebe Baupläne erstellen dürfen, haften sie auch für auftretende Mängel – und Klagen können zu einem langwierigen Rechtsverfahren führen. Das können sich viele Handwerksbetriebe nicht leisten, so die Kritiker:innen. Doch in der Praxis werden Handwerksbetriebe kaum verklagt. Bisher gab es jedenfalls keine derartigen Klagen.
Fazit
Die kleine Bauvorlage hat sich in der Praxis bewährt und vereinfacht den Bauplanungsprozess. Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister bringen alle Kompetenzen mit, die nötig sind, um kleine Gebäude zu planen und zu errichten. Daher kann man davon ausgehen, dass sie sich weiter durchsetzen wird – vielleicht sogar im ganzen Bundesgebiet.