Wenn die „Kanal-Mafia“ zuschlägt

Erstveröffentlichung: 28.12.2020 14:51 |

Ein Rohr ist verstopft, hektisch ruft man eine Rohrreinigung. Wenige Stunden später ist der Garten zerwühlt, das Portemonnaie geleert – das Rohr jedoch so verstopft wie zuvor.

Das Wichtigste zur Kanal-Mafia in Kürze

  • Betrüger geben sich als seriöse Rohrreiniger aus und nutzen Notlagen gezielt aus
  • Kund:innen landen über 0800-Nummern bei Callcentern, hohe Vorkasse wird verlangt
  • Gefälschte Videos und unnötige Arbeiten sollen zusätzlichen Druck erzeugen
  • Mehrere Täter:innen setzen Ablenkungsmanöver ein und verursachen teils weitere Schäden
  • Seriöse Handwerksbetriebe leiden unter Imageverlust durch diese Masche
  • Tipp: örtliche Betriebe prüfen, keine Barzahlung vorab leisten, Polizei bei Druck hinzuziehen
  • Verbraucher:innen sollten Zeit für die Auswahl nehmen, keine Vorkasse zahlen und bei Druck Polizei einschalten
Die Kanal-Mafia ergaunert sehr viel Geld © Stockfotos-MG / stock.adobe.com

Es klingt nach einer sehr schlechten Geschichte, kommt aber immer mal wieder vor: Betrügerfirmen geben sich als solide Handwerksunternehmen aus und erwischen ihre Opfer in einem für sie stressigen Moment. Ein Rohr ist verstopft, etwa das Abflussrohr in der Dusche oder sogar das Toilettenrohr. Es tritt Wasser aus, sammelt sich auf dem Boden und droht, den Raum zu überschwemmen. Verständlich, dass man da hektisch wird und schnell nach dem nächstbesten Rohrreinigungsunternehmen googelt – zum Preisevergleichen fehlt die Muße. Doch genau das spielt der sogenannten Rohr-Mafia oder Kanal-Mafia in die Hände.

Die Betrugsmasche der Rohr-Mafia

Leider passiert es schnell, dass man auf der Suche nach kompetenter Hilfe zum Opfer dieser Rohr-Mafia wird. Wer “Rohrreinigung” und seine Stadt bei Google eingibt, stößt über Google-Anzeigen auf dubiose Firmen, die auf den ersten Blick wie regionale, seriöse Anbieter:innen wirken. Es gibt keine Hinweise darauf, dass es sich in Wirklichkeit um Rohrreinigungs-Betrug handelt.

Beim Anruf landen die Kundinnen und Kunden über eine gekaufte 0800er Nummer in einem Callcenter, von wo aus Monteur:innen beauftragt und in alle Teile Deutschlands geschickt werden. Da die Firmen sich als regional ausgeben wollen, werden Ausreden erfunden, die die lange Wartezeit erklären – etwa ein schlimmer Stau. Bevor sie ihre Arbeit beginnen, fordern sie eine Anzahlung und weisen auf weitere angebliche Probleme hin, die dringend behoben werden müssen. Nicht selten zeigen sie Videoaufnahmen, die sie angeblich von den Rohren gemacht haben und die deren desolaten Zustand belegen sollen. In Wirklichkeit handelt es sich aber um vorbereitete Videos, warnt der Verband deutscher Rohr- und Kanal-Technik-Unternehmen (VDRK) auf seiner Website.

Oft kommen diese vermeintlichen Handwerker:innen mit mehreren Personen und verschaffen sich durch ein Ablenkungsmanöver Zeit, die sie nutzen, um weiteren Schaden anzurichten. So werden etwa die Rohre im Garten freigelegt, um den Druck auf die Bewohner:innen zu erhöhen.

In manchen Fällen wird auch eine Flüssigkeit in die Rohre gegeben, um die Verstopfung zu lösen. Diese soll dreissig Minuten einwirken. Das ist für die angeblichen Handwerker:innen genug Zeit, um das Geld in bar einzustreichen und zu verschwinden.

Auch seriöse Handwerker leiden unter der Masche

Leider schadet das Vorgehen der Kanal-Mafia auch dem Ruf des Handwerks generell und manchmal sogar bestimmten, ortsansässigen Unternehmen. Kund:innen googeln häufig nach Handwerker:innen in ihrem Heimatort, landen dann aber auf der Internetseite einer betrügerischen Firma. Gibt man bei Google etwa ein ortsansässiges Handwerksunternehmen und den Heimatort ein, kann es passieren, dass der erste Treffer nicht das gewünschte Unternehmen, sondern ein Fake-Unternehmen ist. Diese nutzen den guten Namen des Handwerksunternehmens, um sich das Vertrauen der Kund:innen zu erschleichen.

So erkennen Sie Rohrreinigungs-Betrüger

Um nicht von der „Kanal-Mafia“ betrogen zu werden, sollte man zunächst in Ruhe schauen, wie dringend der Notfall ist und sich ausreichend Zeit bei der Suche nach einem Unternehmen nehmen. Sind die Handwerker:innen da, sollte auf Vorkasse verzichtet werden, denn seriöse Firmen bieten auch die Zahlung nach Rechnungsstellung an. Auch verunsichern kritische Fragen die vermeintlichen Handwerker:innen. So kann beispielsweise gefragt werden, woher genau sie kommen und welcher Stundensatz verlangt wird. Fühlt man sich zu einer Zahlung gedrängt, sollte die Polizei hinzugezogen werden und Nachbar:innen als Zeug:innen dazu gebeten werden.

Handlungsempfehlung

Wenn das Wasser bereits aus dem Rohr wieder hochkommt, ist es verständlich, dass man sofort einen Handwerker oder eine Handwerkerin finden möchte – schließlich soll das Problem schnell aus der Welt geschafft werden. Genau darauf spekuliert die Rohr-Mafia. Nehmen Sie ihr den Wind aus den Segeln, indem Sie die folgenden Punkte beachten:

  • Grundsätzlich ist es eine gute Idee, bei einem örtlichen Betrieb nachzufragen. Doch wenn sie im Internet suchen, können die ersten Ergebnisse von externen Anbietern sein. Hier kann es leicht zu einer Verwechslung kommen.
  • Schauen Sie auf der Homepage der örtlichen Installateur-Innung nach. Hier finden Sie ortsansässige Handwerksunternehmen.
  • Verlassen Sie sich nicht allein auf positive Bewertungen im Internet. Diese können gefakt sein.
  • Klären Sie vor der Beauftragung, wie die Bezahlung geregelt ist. Zahlen Sie auf keinen Fall vorab und bar. Seriöse Firmen bieten eine Zahlung auf Rechnung an – und zwar erst nachdem die Leistung erbracht wurde.

Fazit

Im Jahr 2021 gab es besonders viele Betrugsfälle. Doch auch jetzt sollten Verbraucherinnen und Verbraucher vorsichtig sein und auf die fachliche Kompetenz der Unternehmen vor Ort setzen.

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ibau Autorin Iris Jansen
Iris Jansen

Iris Jansen war von Juni 2021 bis Mai 2024 als Content-Managerin bei der ibau GmbH in Münster tätig. Sie versorgte die Leser:innen gemeinsam mit ihren Kolleginnen die Rubrik „Wissenswertes“ mit neuen Inhalten: Was tut sich im Handwerk? Wie reagiert die Bauwirtschaft auf die aktuellen Herausforderungen? Themen rund um Holz und Beton mochte sie gern und freute sich über gleichgesinnte Leser:innen, die mit ihr die Baustellen streifen wollten. Als ausgebildete Technische Redakteurin interessierte sie sich für die technischen und handwerklichen Details, behielt dabei das große Ganze im Blick. Laut Iris gab es im Baubereich viele spannende Fragen, die beantwortet werden wollen – nicht zuletzt, um allen Bauinteressierten dabei zu helfen, den Überblick zu behalten.