Holz-Hybrid: Erobert diese Bauweise unsere Städte?

Der “Holz-Hybrid-Bau” kombiniert die beliebten Baustoffe Holz, Beton und Stahl miteinander. Die Stärken des einen gleichen die Schwächen des anderen aus und umgekehrt. Das Ergebnis: Ein umweltfreundlicheres, stabil gebautes Haus. 

Das Wichtigste zur Bauweise Holz-Hybrid in Kürze

  • Die Holz-Hybrid-Bauweise kombiniert Holz, Beton und Stahl, um die jeweiligen Vorteile auszuschöpfen: Stabilität, Brandschutz, Schallschutz und ein angenehmes Raumklima
  • Holzbetonverbunddecken zeigen die Synergie: Holz nimmt Zugkräfte auf, Beton die Druckkräfte – so entstehen tragfähige und nachhaltige Bauteile
  • Vorteile sind u. a. kürzere Bauzeiten, Eignung für serielles Bauen, geringere Wetterabhängigkeit, Nachhaltigkeit durch weniger Beton und CO₂-Bindung im Holz
  • Nachteile liegen in der komplizierten Verbindung der Baustoffe, unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen je Bundesland, schwer kalkulierbaren Kosten und potenzieller Belastung der Wälder
  • Einsatzbereiche sind vor allem Büro- und Verwaltungsgebäude, zunehmend aber auch mehrgeschossige Wohnhäuser
  • Der Hybridbau dominiert bereits den Holzbau: Rund 75 % aller Mehrfamilienhäuser und 80 % der Nichtwohngebäude im Holzbau sind Hybridgebäude, auch wenn der Gesamtanteil in Deutschland noch gering ist
Gebäude in Holz-Hybrid-Bauweise © Comofoto / stock.adobe.com

Noch ist das Wort “Holz-Hybrid” nur wenigen geläufig – doch das könnte sich bald ändern. Die ersten in Hybridbauweise (auch Mischbauweise genannt) errichteten Häuser haben bereits Einzug in unsere Städte gehalten, und es handelt sich dabei nicht nur um Wohnhäuser mit wenigen Geschossen, sondern um Hochhäuser. So wurden in zwei deutschen Großstädten Büros in Holz-Hybrid-Bauweise gebaut. Im Frankfurter Europaviertel steht seit Mitte 2023 ein mehrstöckiges Bürogebäude aus Holz-Hybrid, das sogar über einen 60 Meter hohen Turm verfügt. Auch die Düsseldorfer konnten sich für diese Art des Bauens begeistern: Im Medienhafen entstand – auch 2023 – das erste Holz-Hybrid-Bürogebäude der Stadt. Diese zwei Leuchtturmprojekte zeigen, dass die kluge Kombination aus Holz, Beton und Stahl funktioniert. Warum das so ist und welche Vorteile das Holz-Hybrid-Bausystem mit sich bringt, fassen wir im Folgenden zusammen.

Was ist die Holz-Hybrid-Bauweise?

Die Kernidee dieser Bauweise ist die Kombination von verschiedenen Baustoffen – jedes Material trägt mit seinen Stärken dazu bei, das Bauvorhaben optimal zu gestalten. Es kommen vor allem die Klassiker Holz, Beton und Stahl zum Einsatz. Sie werden gezielt an den Stellen eingesetzt, wo sie mit ihren spezifischen Eigenschaften den größten Nutzen bringen. So sorgt Stahlbeton in der Tiefgarage und in Fahrstuhlschächten für Stabilität, Beton macht dasselbe im Innenausbau für Treppen und Holz verstärkt die Innenwände und die Gebäudehülle.

Decken müssen nicht immer aus Beton oder Stahlbeton sein. Es gibt mittlerweile auch Holzbetonverbunddecken, die, wie der Name es vermuten lässt, aus einem Verbund von Holz und Beton bestehen. Eine dünne Betonplatte wird hierbei mit einem Holzträger schubfest verbunden. Gemeinsam können die beiden Materialien die Kräfte, die auf die Decke wirken, gekonnt ausgleichen: Während das Holz die Zugkräfte aufnimmt, kümmert sich der Beton um die Druckkräfte. Zusammengehalten werden sie von mechanischen Verbindungsmitteln wie Schrauben oder Dübeln oder durch Verklebungen. Holzbetonverbunddecken sind so stabil und tragfähig, dass sie auch im Brückenbau eingesetzt werden.
Auch wenn es noch höher hinausgehen soll, können Holz-Hybrid-Konstruktionen mithalten: Die Statik erlaubt es, ohne weiteres auch Hochhäuser zu bauen. So gibt es in Europa mittlerweile zwei Holzhochhäuser, die beide 84 Meter hoch sind – einmal in der norwegischen Stadt Brumunddal und einmal in Wien.

Was sind die Vor- und Nachteile der Holz-Hybrid-Bauweise?

Holz-Hybrid-Gebäude erfreuen sich nicht ohne Grund immer größerer Beliebtheit. Neben der bereits angesprochenen Stabilität punkten Holz-Hybrid-Konstruktionen aufgrund des enthaltenen Betons auch mit ihren Schallschutzeigenschaften und ihren Brandschutzeigenschaften. Gerade beim Bau von Wohnhäusern oder Bürogebäuden ist es von Vorteil, dass Beton nicht brennt und relativ wenig Schall überträgt. Im Büroalltag freuen sich viele darüber, wenn sie nicht jedes Telefonat der Kolleg:innen in voller Lautstärke mitbekommen. Auch das verbaute Holz trägt dazu bei, dass man sich wohlfühlen kann, denn es erzeugt ein tolles Raumklima. Holz nimmt Feuchtigkeit aus der Luft auf, lagert sie in den Zellen ein und gibt sie wieder ab, sobald die Raumluft trocken ist. Somit gleicht es Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit aus und verhindert unangenehm trockene Luft ebenso wie Schimmelbildung.

Doch nicht nur die einzelnen Baustoffe bringen Vorteile mit sich, sondern auch die Bauweise an sich. Sie eignet sich für serielles Bauen, da einzelne Elemente wie beispielsweise Verbunddecken in großem Maßstab hergestellt werden können. Die einzelnen Elemente werden in einer Werkhalle vorgefertigt und müssen auf der Baustelle nur zusammengefügt werden. Dadurch und auch durch die Tatsache, dass einem das Wetter in der Montagehalle nicht so ins Handwerk pfuschen kann wie draußen auf der Baustelle, wird die gesamte Planung einfacher. Zudem verringern sich durch die Vorfertigung die Bauzeit und die Baukosten.

Neben all den positiven Aspekten, welche die Bauweise mit sich bringt, gibt es aber auch einen Nachteil. Bei der Holz-Hybrid-Bauweise steht und fällt alles damit, dass die einzelnen Baustoffe gut und sicher miteinander verbunden sind. Doch genau das ist häufig der Knackpunkt. Hierfür müssen die Planer:innen und später die Baufachleute genau im Blick behalten, was wo und wie zusammenhängt. Auch die Wahl des richtigen Verbindungsmittels ist hierbei wichtig – also die Frage, ob geschraubt, gedübelt oder geklammert werden soll. Sowohl die herstellenden Unternehmen der vorgefertigten Elemente als auch die einzelnen Gewerke müssen sich gut miteinander über die Anschlussdetails abstimmen. Leider sind auch viele Bauteilanschlüsse noch nicht gesetzlich geregelt, oder es gibt je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen.

Ist die Holz-Hybrid-Bauweise nachhaltig?

Auch was Nachhaltigkeit anbelangt, kann die Holz-Hybrid-Bauweise punkten. Das liegt auch daran, dass der als Klimakiller bekannte Baustoff Beton nicht überall, sondern gezielt eingesetzt wird – etwa, um die nötige Stabilität zu gewährleisten. In den Decken reichen oft dünne Betonschichten, wenn sie mit Holz kombiniert werden. Für ein Holz-Hybrid-Gebäude muss also weniger Beton produziert werden, und das freut das Klima. Für die Herstellung des beliebten Baustoffs muss viel Energie aufgewendet werden und gleichzeitig wird bei diesem Prozess viel CO2 freigesetzt. Doch das Holz hilft nicht nur dabei, Beton einzusparen und somit dessen negative Auswirkungen abzumildern. Es lagert darüber hinaus auch CO2 ein und verhindert so, dass es in die Atmosphäre gerät und unserem Klima schadet.

Was kosten Gebäude aus Holz-Hybrid?

Natürlich muss auch die Geldfrage berücksichtigt werden. Bauherr:innen wollen möglichst genau wissen, mit wie hohen Kosten sie rechnen müssen, wenn sie sich für die Holz-Hybrid-Bauweise entscheiden. Das ist nicht leicht zu beantworten.
Damit ein Holz-Hybrid-Haus errichtet werden kann, ist eine nicht geringe Menge an Holz erforderlich. Schließlich wird es praktisch überall im Haus verbaut: Außen in der Holz-Hybrid-Fassade und innen in den Decken, Böden und Wänden. Da Holz derzeit leider nicht zu Schnäppchenpreisen zu haben ist, treibt dies die Kosten in die Höhe. Gleichzeitig lässt sich bei den Hybrid Konstruktionen aus Holz und Beton dadurch Geld sparen, dass die einzelnen Elemente vorgefertigt werden und in großen Stückzahlen hergestellt werden können. Es lässt sich also nicht sagen, ob ein Massivbau oder ein Holz-Hybrid-Bau günstiger ist. Dies kann sich je nach Einzelfall unterscheiden.

Die Vor- und Nachteile im Überblick

Im Folgenden finden Sie noch einmal einen einfachen Überblick über die Vorteile und Nachteile der Holz-Hybrid-Bauweise:

Vorteile von Holz-Hybrid

Nachteile von Holz-Hybrid

Stabilität dank kluger Kombination verschiedener Baustoffe

Das Verbinden der einzelnen Baustoffe und Elemente erfordert viel Know-How

Gute Schallschutzeigenschaften

Die gesetzlichen Regelungen zu dieser Bauweise unterscheiden sich je nach Bundesland

Gute Brandschutzeigenschaften

Der vermehrte Einsatz von Holz könnte die Wälder belasten

Angenehmes Raumklima

Die Kosten sind schwer abzuschätzen

Gutes Regulieren der Luftfeuchtigkeit

Kürzere Bauzeiten

Für serielles Bauen geeignet

Weniger Abhängigkeit vom Wetter

Nachhaltige Baustoffe wie Holz werden vermehrt eingesetzt

Klimaschädliche Baustoffe wie Beton und Stahlbeton werden gezielter und in geringerem Ausmaß eingesetzt

Wo wird die Holz-Hybrid-Bauweise eingesetzt?

Diese Bauweise ist derzeit besonders im Büro- und Verwaltungsbau beliebt, aber auch immer mehr im mehrgeschossigen Wohnungsbau. Das liegt auch daran, dass hier gerne auf serielles Bauen zurückgegriffen wird. Außerdem bietet die Holz-Hybrid-Bauweise die Möglichkeit, Beton oder Stahlbeton zu nutzen, wenn es die Statik erfordert. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn auch eine Tiefgarage gebaut werden soll – und dies ist bei Büros und bei mehrgeschossigen Wohnhäusern meist der Fall. Die genannten Beispiele in Norwegen und Österreich zeigen, dass gerade Hochhäuser aus Holz-Hybrid-Häuser beliebter werden – doch nicht nur diese. In mehreren Städten sind in den letzten Jahren ähnliche Bürohäuser entstanden. Im Münsteraner Stadthafen etwa sorgt das siebengeschossige H7 für Vielfalt im Hafen-Ambiente, und auch im Münchner Bahnhofsviertel soll ein Bürokomplex aus Holz-Hybrid entstehen.

Allerdings ist die Bedeutung des Holz-Hybridbaus in Deutschland noch sehr gering. Laut aktuellen Hochrechnungen des Marktforschungsinstituts B+L wurden ungefähr vier Prozent aller Mehrfamilienhäuser in Holz-Hybridbauweise gebaut. Trotzdem: Der Hybridbau dominiert bereits die Holzbauweise. Rund 75 Prozent aller Mehrfamilienhäuser und 80 Prozent aller mehrgeschossigen Nichtwohngebäude im Holzbau sind Hybridgebäude.

Fazit: Das Beste aus allen Welten – wenn die Verbindung stimmt

Grundsätzlich dürften mehr von uns in den nächsten Jahren in Holz-Hybrid-Häusern wohnen oder arbeiten. Das ist eine gute Nachricht, denn das dort verbaute Holz sorgt für ein tolles Raumklima. Auch das Klima außerhalb des Gebäudes profitiert: Weniger Beton bedeutet weniger klimabelastendes CO2 und einen geringeren Energieverbrauch. Generell lassen sich Holz-Hybrid-Gebäude übrigens noch mit Features ausstatten, etwa mit begrünten Innenwänden. Dadurch lassen sich die positiven Effekte für Mensch und Umwelt noch weiter steigern. Doch um so ein Gebäude hochzuziehen, ist neben dem allgemeinen Baufachwissen auch ein Wissen darüber nötig, wie die einzelnen Elemente miteinander verbunden werden können – ansonsten drohen Schäden am Gebäude.

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ibau Autorin Iris Jansen
Iris Jansen

Iris Jansen war von Juni 2021 bis Mai 2024 als Content-Managerin bei der ibau GmbH in Münster tätig. Sie versorgte die Leser:innen gemeinsam mit ihren Kolleginnen die Rubrik „Wissenswertes“ mit neuen Inhalten: Was tut sich im Handwerk? Wie reagiert die Bauwirtschaft auf die aktuellen Herausforderungen? Themen rund um Holz und Beton mochte sie gern und freute sich über gleichgesinnte Leser:innen, die mit ihr die Baustellen streifen wollten. Als ausgebildete Technische Redakteurin interessierte sie sich für die technischen und handwerklichen Details, behielt dabei das große Ganze im Blick. Laut Iris gab es im Baubereich viele spannende Fragen, die beantwortet werden wollen – nicht zuletzt, um allen Bauinteressierten dabei zu helfen, den Überblick zu behalten.